– 300 Teilnehmer –
Auf Einladung des Instituts für Zuckerforschung (IfZ) findet am 5. September 2013 die 11. Göttinger Zuckerrübentagung auf dem Nordcampus der Universität Göttingen statt.
In den Vortragssektionen “Umweltwirkungen im Zuckerrübenanbau”, “Pflanzenbau”, “Krankheiten und Schädlinge” und “Lagerung” werden neueste Forschungsergebnisse vorgestellt und mit den ca. 300 Tagungsteilnehmern aus Wirtschaft, Verbänden und Forschung diskutiert.
Dr. Wolfgang Zornbach (BMELV, Bonn) stellt den nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) vor. Der NAP hat zum Ziel, Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können, weiter zu reduzieren und deren Anwendung auf das notwendige Maß zu begrenzen. Im Mittelpunkt der Maßnahmen des NAP stehen die Förderung von Innovationen im Pflanzenschutz sowie die Umsetzung von Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes. Der NAP ist Teil der Umsetzung der Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie der EU, deren allgemeine Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) die Grundlage der am IfZ entwickelten und als Broschüre veröffentlichten Leitlinien für den Zuckerrübenanbau bilden. Viele der in den Leitlinien beschriebenen Maßnahmen sind der Praxis bekannt und werden bereits angewendet. Um die Implementierung des IPS noch weiter voranzutreiben, sind eine fundierte Anbauberatung und entsprechendes Engagement der Praxis erforderlich.
2010 und 2011 wurde bundesweit eine Betriebsbefragung zur Produktionstechnik im Zuckerrübenanbau durchgeführt. Dabei wurden die befragten Betriebe repräsentativ für die unterschiedlichen Anbauregionen ausgewählt und alle Maßnahmen nach Ernte der Vorfrucht bis zur Ernte der Zuckerrüben sowie Ertrag und Qualität erfasst. Dr. Nicol Stockfisch (IfZ) stellt die Ergebnisse vor. 51 % der Betriebe gaben an, ausschließlich Ackerbau zu betreiben, 25% nannten sowohl Ackerbau als auch Tierhaltung als betriebliche Schwerpunkte. Auf mehr als der Hälfte der insgesamt 788 erfassten Schläge standen Raps, Mais oder Kartoffeln in der Fruchtfolge mit Zuckerrüben. Zwischenfrüchte wurden auf 42 % aller Schläge angebaut und Winterweizen dominierte als Vor- und Nachfrucht von Zuckerrüben. Die Zuckerrübenaussaat in Stroh oder Zwischenfruchtmulch überwog bei den Anbauverfahren. Die Befragung lieferte ein umfassendes Bild der praktizierten Anbauverfahren und ihrer Effizienz und trägt damit zur Dokumentation einer nachhaltigen Entwicklung im Zuckerrübenanbau bei.
Die Stickstoffdüngung -im Zuckerrübenanbau eher auf niedrigem Niveau- ist eine wichtige Anbaumaßnahme zur Ertragssicherung. Eine übermäßige N-Düngung kann jedoch die Qualität des Grundwassers beeinträchtigen und zu erhöhten N2O-Emissionen führen. Basierend auf der zuvor vorgestellten Betriebsbefragung zur Produktionstechnik im Zuckerrübenanbau 2010-2011 wertete Kerrin Trimpler (IfZ) verschiedene Kennwerte für die N-Düngung aus und verglich diese mit einer Betriebsbefragung aus dem Jahr 2004 und mit einer Expertenschätzung aus dem Jahr 2010. Die Daten von insgesamt 1020 Praxisschlägen zeigen für den Beobachtungszeitraum einen sinkenden N-Düngereinsatz bei deutlich steigendem Bereinigtem Zuckerertrag und damit eine gestiegene Effizienz der N-Düngung. Die Höhe der Treibhausgasemissionen wird wesentlich von der N-Düngung bestimmt.
Die Kalkung von Ackerböden wird durchgeführt, um den pH-Wert anzuheben und auch um ihnen Calcium zuzuführen. Dadurch kann es allerdings zu Wechselwirkungen mit anderen Nährstoffen kommen. Holger Lemme (IfZ) untersuchte in Inkubations- und Gewächshausversuchen, wie sich eine Kalkdüngung auf die Extrahierbarkeit von Phosphor (P) und Kalium (K) mittels Elektro-Ultrafiltration (EUF) und ihre Pflanzenverfügbarkeit auswirkt. Hierfür verwendete er Böden von drei Feldversuchsstandorten in Deutschland. In diesen Feldversuchen überprüfte Sven Fischer (Bodengesundheitsdienst Ochsenfurt) den Einfluss der Kalkung auf Ertrag und Qualität von Zuckerrüben bei differenzierter Kaliumdüngung. Die Gewächshausstudie zeigte einen Anstieg des extrahierbaren und pflanzenverfügbaren P infolge einer Kalkung von Böden mit neutralem Ausgangs-pH-Wert. Ein Einfluss der Kalkung auf extrahierbares K und die K-Gehalte der Pflanzen wurde nicht festgestellt. Von den Mikronährstoffen war es ausschließlich Bor, dessen Pflanzenverfügbarkeit durch die Kalkung zurückging. Aus den Ergebnissen der Feldversuche lässt sich ableiten, dass bei einer Kalkdüngung in praxisüblicher Menge eine Veränderung der Düngeempfehlung für P und K nicht erforderlich ist.
Erste Auswertungen eines insgesamt fünfjährigen Verbundprojekts zu unterschiedlichen Fruchtfolgen mit und ohne Zuckerrüben bzw. Silomais zur Biogasproduktion stellen Dr. Anna Jacobs (IfZ) und ihre Projektpartner vor. Ziel des Projekts ist es, Handlungsempfehlungen für einen nachhaltigen Anbau von Energiefrüchten abzuleiten. Im Fokus stehen Flächenertrag, Boden- und Pflanzengesundheit, Stickstoff-, Energie- und Treibhausgasbilanzen, die einzelbetriebliche Wettbewerbsfähigkeit sowie überregionale Standortvorzüglichkeiten. Datengrundlage bilden vier mehrjährige Feldversuche an drei hochproduktiven Standorten in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Die Versuchsjahre 2011 und 2012 zeigten hohe Methanhektarerträge und Netto-Energiegewinne aus Zuckerrüben, die jedoch unter denen von Silomais lagen. Erste Bodenstrukturuntersuchungen zeigten ungünstigere Verhältnisse (z. B. geringere Luftkapazität) in der Oberkrume unter Daueranbau von Zuckerrüben und Silomais im Vergleich zum Winterweizen-Daueranbau. Für die betriebswirtschaftliche Ebene deutete sich an, dass ein Anbausystem, welches Zuckerrüben für die Biogasproduktion integriert, das ökonomische Risiko senken kann. Potentielle zusätzliche Anbaufläche für Zuckerrüben ist bundesweit ausreichend vorhanden, so dass Zuckerrüben insgesamt eine effiziente Option zur abwechslungsreichen Gestaltung von Fruchtfolgen darstellen können.
Stefan Krüssel (LWK Niedersachsen) hält einen Vortrag über den Einfluss von Zuckerrübensorten auf die Populationsdynamik von Nematoden (Heterodera schachtii). In 46 Feldversuchen wurden nematodenanfällige, – tolerante und -resistente Zuckerrübensorten angebaut und überprüft, ob und in welchem Ausmaß sich die Sorte auf die Entwicklung der Nematodenpopulation auswirkt. Die Vermehrung der Nematoden ist stark vom Ausgangsbefall abhängig. Während der Anbau anfälliger Sorten immer eine Erhöhung der Nematodenpopulation zur Folge hatte, war für tolerante Sorten eine sehr große Variabilität der Ergebnisse zu beobachten, die von einer Reduktion bis zu einer starken Vermehrung der Nematoden reichte. Für eine differenzierte Bewertung toleranter Sorten ist die Datengrundlage aus Feldversuchen noch nicht ausreichend. Insgesamt wurde unter niedersächsischen Bedingungen jedoch ein erhebliches Vermehrungspotential bei toleranten Sorten ermittelt.
Prof. Mark Varrelmann (IfZ) stellt Versuchsergebnisse zum Einfluss von Fruchtfolge und Ernteresten auf das Inokulumpotenzial des Erregers der Späten Rübenfäule (Rhizoctonia solani) im Boden vor. Neben der Zuckerrübe ist vor allem Mais eine der Wirtspflanzen des Erregers. Die Nutzung von Mais als Rohstoff für die Bioenergieerzeugung hat zu einer starken Zunahme im Maisanbau bei zunehmendem Anteil auch in Zuckerrübenfruchtfolgen geführt. In vierjährigen Fruchtfolgeversuchen (Zuckerrüben gefolgt von zweijährigem Silo-, Körnermais bzw. Winterweizen und Zuckerrüben) wurde mit Hilfe von Ackerbohnen als Indikatorpflanzen das Rhizoctonia-Inokulumpotenzial im Feld und in Bodenproben im Gewächshaus vergleichend quantifiziert. Der Anbau von Wirtspflanzen für Rhizoctonia (Mais) führte zu einem höheren Inokulumpotential als die Kultur von Nichtwirtspflanzen (Winterweizen). Erstmalig konnte im Feld der Rhizoctonia-fördernde Effekt auf dem Schlag verbleibender Körnermais- und Zuckerrübenerntereste nachgewiesen werden. Darüber hinaus werden Möglichkeiten zur Inokulumquantifizierung und zur integrierten Bekämpfung von Rhizoctonia im Zuckerrübenanbau diskutiert.
Etwa die Hälfte der in Deutschland verarbeiteten Zuckerrüben muss vor der Verarbeitung in der Zuckerfabrik auf dem Feld gelagert werden. Bei der Lagerung kann es zu hohen Zuckerverlusten durch enzymatische Spaltung von Saccharose bei der Veratmung durch die lagernden Rüben sowie durch Mikroorganismen kommen. Die Spaltprodukte Glucose und Fructose reichern sich zum Teil als Invertzucker an und vermindern die Verarbeitungsqualität der Rüben. Katharina Schnepel (IfZ) und Sebastian Liebe (IfZ) untersuchten, ob es genotypische Unterschiede in der Aktivität des Kohlenhydratstoffwechsels und der Anfälligkeit gegenüber Mikroorganismen gibt, die sich signifikant auf die Lagerstabilität der Zuckerrüben auswirken. An zwei Standorten wurden bis zu 36 Zuckerrübengenotypen angebaut und nach der Ernte für 53 bis 88 Tage in Klimacontainern bei 8 °C und 20 °C gelagert. Der Einfluss der Umwelt (Standort x Temperatursumme nach Lagerung) und die Interaktion von Genotyp und Umwelt war zwar höher als der Einfluss des Genotyps, dennoch hatte der Genotyp mit einem Varianzanteil von 12 % einen entscheidenden Einfluss auf die Invertzuckerbildung während der Lagerung. Die Versuchsergebnisse lassen darauf schließen, dass die Unterschiede in den Lagerungsverlusten vor allem durch den Befall mit Mikroorganismen während der Lagerung, aber auch durch genotypische Unterschiede im Kohlenhydratstoffwechsel der Zuckerrüben verursacht wurden. Der Befall mit Pathogenen war geringer bei Genotypen, die vor der Lagerung einen hohen Markgehalt aufwiesen. Dies deutet auf eine unspezifische Resistenz gegenüber Lagerpathogenen hin. Dabei handelt es sich um bekannte Wundpathogene (z. B. Fusarium spp.), Saprophyten (z. B. Mucor spp.) sowie Bakterien (z. B. Leuconostoc mesenteroides). Ursachen und Folgen von Lagerfäulen sowie die aktuellen Möglichkeiten und Perspektiven der Bekämpfung werden dargestellt.
Alle Beiträge sind einem zur Göttinger Zuckerrübentagung erscheinenden Sonderheft der Zeitschrift Sugar Industry zu entnehmen.
Prof. Dr. B. Märländer, Göttingen