Archiv Berichte AG 13

  • Bericht der Wintertagung der Arbeitsgemeinschaft für Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung 19./20.November 2008 in Göttingen

    – ~80 Teilnehmer –

    Organisation:
    Hans-Reinhard Hofferbert, Ebstorf

    Über 80 Teilnehmer konnte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung in der GPZ, Herr Dr. Hofferbert, am 19. und 20. November 2008 zur Wintertagung in Göttingen begrüßen. Im ersten Vortrag berichtete Herr Andreas Meyer (Spiess Urania) von einem ansteigenden „gefühlten Befallsdruck“ bei Rhizoctonia solani. In einer detaillierten Übersicht wurden Einzelmaßnahmen der Pflanzgutbeizung gegenüber verschiedenen Pathogenen angesprochen. Es wurde dabei deutlich herausgestellt, dass der Pflanzenschutz nicht die Reparierkolonne des Ackerbaus ist.

    Über den Einsatz der „Kombinierten Legetechnik bei Kartoffeln“ berichtete Herr Dr. Michael Klindtworth (Grimme Landmaschinenfabrik). Neben grundlegenden Hinweisen zu den Anforderungen beim Kartoffelpflanzen wurden die Vorteile der kombinierten Legetechnik vorgestellt. Die Knollen liegen exakt in der Dammmitte, es erfolgt kein Verschieben der Knollen beim Häufeln. Die arbeitswirtschaftlichen Vorteile dieses Systems bei voller Maschinenauslastung waren beeindruckend. Eine modulare Anordnung des Maschinensystems bietet Vorteile bei produktionstechnischen Risiken. Der Anbauer muss allerdings warten können, bis der Boden zu bearbeiten ist. Disziplin und pflanzenbaulicher Sachverstand sind unbedingt erforderlich.

    Frau Michaela Schlathölter (P.H. Petersen Saatzucht) eröffnete mittels „Biofumigation“ ein neues Feld zur Nutzung von Phyto-Chemikalien bei der Bodenentseuchung. Durch die gezielte Bodeneinarbeitung von Zwischenfrüchten mit hohen Glucosinolatgehalten wird deren mikrobielle Umsetzung zu Isothiocyanat gefördert und damit eine Bekämpfung bodenbürtiger Pilze im Gemüse- und Zuckerrübenbau erreicht. Untersuchungen zur Verringerung des saprophytischen Bodenpotenzials bei Kartoffeln sind noch nicht abgeschlossen. Wesentlich bei der Bewertung der Biofumigation ist aber, dass das Resistenzverhalten der Zwischenfrüchte nicht aus den Augen verloren wird. Hier hat besonders der Ölrettich große Vorteile. Beide Kriterien sind wichtig und müssen züchterisch kombiniert und in der Landwirtschaft genutzt werden.

    Frau Uta Schnock (Bundessortenamt) nahm Stellung zur Zulassung von Erhaltungssorten. Fragen der Biodiversität und der Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Im Rahmen der Gemeinschaftsvorschriften wurden mit der “Richtlinie 2008/62/EG der Kommission vom 20. Juli 2008 über die Ausnahmeregelungen für die Zulassung von Landsorten und anderen Sorten, die an die natürlichen örtlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst und von genetischer Erosion bedroht sind, sowie für das Inverkehrbringen von Saatgut bzw. Pflanzkartoffeln dieser Sorten” nunmehr besondere Bedingungen festgelegt, um diesen Fragen Rechnung zu tragen. Die Richtlinien müssen bis zum 30. Juni 2009 in nationales Recht umgesetzt werden.
    Herr Peter Loosen (Bund für Lebensmittelrecht/-kunde) stellte die sog. „Health-Claims-Verordnung“ (EG Nr. 1924/2006) zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben von Lebensmitteln vor. Sein Credo: „Im Moment kann man noch davon reden, dass z. B. Kartoffeln gesundheitsfördernd sind. In Zukunft wird man nur noch damit werben dürfen, wenn dies in bestimmten Listen steht.“ Dies bedeutet, dass die Zulassung von Angaben (Werbung!) von bestimmten Risikoreduzierungspotenzialen und nährstoffbezogenen Angaben nur dann noch erlaubt sein wird, wenn diese in den Anhängen der EFSA-Listen aufgeführt sind. Alle Verbände sind aufgerufen, diese Angaben auf Vollständigkeit zu überprüfen.

    Einen Überblick über ein Monitoring der LWK Niedersachsen zum Auftreten von freilebenden Kartoffelnematoden gab Herr Dr. Stefan Krüssel. Aufgrund des zum Teil massiven Auftretens von Pratylenchus- und Trichodorus Arten in augenscheinlichen Befallsnestern wird dieses Monitoring ausgeweitet. Zur Bekämpfung der zystenbildenden Nematoden werden Sorten mit dem höchsten verfügbaren Resistenzgrad empfohlen. Die enge genetische Vernetzung von Pa2 und Pa3 erlaubt keine differenzierte Resistenzbewertung bei resistenten Sorten. Anhand der mehrjährigen Versuchsdaten in Weser-Ems liegen Resistenz- und Toleranzprotokolle bei unterschiedlichen Bodenverseuchungen vor. Neue Sortenzulassungen im Stärkebereich erwiesen sich dabei als hoch nematodenresistent und –tolerant. Die landwirtschaftliche Praxis benötigt dringend ähnliche Entwicklungen im Bereich der Speise- und Veredelungssorten.

    Über einen Ringversuch der DPG-Arbeitsgemeinschaft „Integrierter Pflanzenschutz“ zur Ertragsrelevanz bei Alternaria ssp. berichtete Herr Jürgen Leiminger (LfL Weihenstephan). Ertragsdepressionen bei Alternariabefall sind durch eine kürzere Assimilationsdauer bedingt. Versuche zeigten, dass bei den früh abreifenden Sorten nur geringe Ertragseffekte zu beobachten waren. In den mittelspäten Stärkeversuchen waren Ertragsverluste bis zu 30% zu verzeichnen. Dieses Resistenzpotenzial der Sorten sollte für die Bekämpfung von Alternaria genutzt werden.
    Herr Dr. Huub Schepers (Wageningen University, Applied Plant Research PPO) berichtete umfassend zur möglichen Aggressivitätsveränderung des Erregers Phytophthora infestans in Deutschland. Seine Ausführungen konzentrierten sich auf das Vorhandensein der beiden Paarungstypen A1 und A2, der Oosporenbildung und der damit verbundenen meiotischen Rekombination zu aggressiven neuen Phytophthora Herkünften. Mittels einer eindrucksvollen Datenbasis wurden der Einfluss der Fruchtfolge, der Bodenart, der Niederschlagsmengen, der Paarungstypen und der Spritzintervalle auf die Aggressivität von verschiedenen Isolaten untersucht. Deutliche Diskussion löste dabei die Äußerung aus, dass enge Spritzintervalle und ein früher Spritztermin eine Bildung von Oosporen deutlich vermindern können. Es muss unbedingt ein exzessiver Befall im Bestand vermieden werden. Die Fungizide sollen dann eingesetzt werden, wenn ihre produktspezifischen Eigenschaften am Besten genutzt werden können.

    In einem zweiten Referat zu Phytophthora infestans („er ist kleverer, als wir uns das vorstellen können“) beschieb Prof. Dr. Ulrich Gisi (Syngenta Crop Protection) populationsdynamische Verschiebung bei diesem Oomyceten. So verschiebt sich die Ridomil-Resistenz bei Pi??? während der Vegetation zu einer erhöhten Resistenz, auch ohne die Anwendung von Ridomil. Die Aggressivität des Pilzes steigt innerhalb bestimmter Temperaturbereiche (12-16 Grad) mit jedem Grad um den Faktor 2. Es konnten dabei keine Unterschiede in der Aggressivität zwischen A1- oder A2-Typen festgestellt werden. Das Optimum der Aggressivität liegt zwischen 13-20 Grad. Die Frequenz resistenter Isolate ist in vielen Regionen Europas immer gleich hoch.

    In molekularen Untersuchungen wurden 5 Phytophthora-Cluster erarbeitet: 1 (primär A1, primär Ridomil resistent), 2 (primär A2, primär Ridomil resistent), ¾ (primär A1, primär Ridomil anfällig), 5 (primär A1, sensitiv).  Aus den Clustern 2 und 5 sind in den letzten 10 Jahren zahlreiche neue Stämme isoliert worden. Resümee: Die Genotypenvielfalt hat zugenommen. Einige Genotypen dominieren die Populationen. Es sind neue Populationen gefunden worden. Diese entstehen auch ohne äußeren Selektionsdruck. Dies könnte auf Importe von Tomaten zurückzuführen sein. Möglich ist aber auch eine Selektion durch Sorten, Klima und Fungizide.
    „Potatoes for a changing world“ war das Motto der Dreijahrestagung der EAPR in Brasoc, Rumänien. Herr Dr. Holger Junghans (NORIKA) stellte die züchterrelevanten Vorträge vor. Vorträge zu Phytoplasmen und Zebra Chips machen auf die in kontinentalen Klimaten auftretenden phytosanitären Probleme aufmerksam. Mittels Protoplastenfusion mit Etuberosum wurden PLRV Resistenzen kombiniert. Verschiedene Arbeiten zur Genexpression unter abiotischem Stress wurden vorgestellt.

    Vor dem Hintergrund der Qualitätsbeeinflussung durch Phytoplasma stellte Frau Dr. Kerstin Lindner (Julius Kühn Institut) Arbeiten zum Auftreten von Stolbur vor. Diese Phytoplasma hat EPPO Status 2. Die Bundesrepublik gilt als befallsfrei. Es ist ein obligat biothropher, bakterienähnlicher Organismus ohne Zellwand. Übertragen wird er durch Zikaden. Winterwirte sind Brennnesseln, Ackerwinden und Nachschattengewächse. Erste Untersuchungen zum Resistenzverhalten von Kartoffelsorten in Rumänien wurden gemacht. Bei Befall werden erhöhte Gehalte an Saccharose und Gummiknollen festgestellt. Befallene Knollen weisen eine typische Zebrafleckigkeit der Chips auf.
    Über Erfahrungen im Einsatz von Kartoffelsorten mit Kaltlagerungseignung berichtete Herr Dr. Michael Holtschulze von Lorenz Bahlsen Snack World. Die Anforderungen der Chipsindustrie an die Chipssorten lassen sich aus einem Zusammenwirken verschiedenster Eigenschaften beschreiben: Ertrag, Stärkegehalt, Knollenform, Knollengröße, Krankheiten, Mängel, Sensorik, Backfarbe und Lagereignung. Die Anforderungen an Kaltlagerungssorten sind in Bezug auf den Gehalt an reduzierenden Zucker besonders hoch. Mit Kaltlagerungssorten im Sinne des Referenten sind bereits Sorten zu verstehen, deren Dauerlagerungstemperatur unterhalb von 8,5 Grad liegt. Die Definition „4-Grad Sorte“ beschreibt dabei die absolut niedrigste Lagertemperatur, der die Kartoffel ausgesetzt sein darf und entspricht somit nicht der Dauerlagerungstemperatur. Durch die Acrylamidproblematik wird die Verarbeitung der Kaltlagerungssorten zunehmend wichtiger, da durch die geeignete Sortenwahl wichtige Qualitätsreserven benutzt werden können. Es wurde deutlich, dass die Kaltlagerungssorten der 1. Generation noch zu große pflanzenbauliche Probleme hatten, um von der verarbeitenden Industrie akzeptiert zu werden. Die Kaltlagerungssorten der 2. Generation zeigen verbesserte agronomische Werte. Daten der Wertprüfung dienen der verarbeitenden Industrie als Vorfilter für die Sortenauswahl der eigenen Versuche. Wichtig sind aber auch hier die detaillierten Sortenempfehlungen, um die Sorten in die Praxis einzuführen. Derzeitig wird ein starker Bedarf an Kaltlagerungssorten seitens der Chipsindustrie gesehen.

     (Hans-Reinhard Hofferbert, Ebstorf)

  • Bericht der Sommertagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung 2./3. Juli 2008 im Raum Köln

    – 18 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

     Die diesjährige Sommertagung der AG fand eine Woche vor der EAPR-Tagung in Klausenburg/Rumänien statt. Deshalb war eine geringere Teilnehmerzahl erwartet und bewusst in Kauf genommen worden. Denn der Besuch des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung (MPIZ) in Köln war nach dem Weggang von Prof. Francesco Salamini bereits überfällig und sollte insbesondere auch dem vertieften Gedankenaustausch mit seinem Nachfolger, Prof. Maarten Koornneef, dienen. In dieser Abteilung „Plant Breeding and Genetics“ betreibt Frau Dr. habil. Christiane Gebhardt ihre erstmals 1985 von Prof. Salamini initiierten und inzwischen international anerkannten molekulargenetischen Forschungsarbeiten an der Kartoffel und leitet diese mittlerweile einzige in dieser Richtung spezialisierte Arbeitsgruppe in Deutschland.

    Nach einer kurzen Begrüßung der Teilnehmer durch Frau Gebhardt stellte Prof. Koornneef (in deutscher Sprache!) die 4 Abteilungen des Gesamtinstituts vor. In diesen widmen sich rd. 350 Mitarbeiter, einschließlich zahlreicher internationaler Gastwissenschaftler, der Untersuchung grundlegender Prozesse zur Verbesserung der Pflanzenzüchtung. Schwerpunkte sind dabei u.a. die Genetik der Blütenbildung, der Samenruhe und der Resistenz gegen Krankheiten und die genetische Analyse komplexerer, leistungsrelevanter Kulturpflanzenmerkmale, wie z.B. Pflanzenarchitektur oder Samenertrag. Viele dieser Fragestellungen wurden in den vergangenen Jahren zunächst an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana bearbeitet. Aber für die Zukunft, so unterstreicht Prof. Koornneef in seinem Vortrag mehrfach, wird zunehmend im Mittelpunkt der Institutsarbeiten der Transfer des am Modell gesammelten Wissens auf Kulturpflanzen stehen.

    In der eigenen Abteilung hat Prof. Koorneef die Arbeiten unter die Überschrift „Genetik von natürlicher Variation“ gestellt und betreibt sie mit Arabidopsis, Kartoffel, Tomate und Gerste insbesondere hinsichtlich Samenruhe (Soppe), Ertrag (Reymand), Pflanzenarchitektur (Theres), Qualität und Resistenz (Gebhardt) und in einer AG Molekulare Genetik (de Meaux). Kurz erläuterte er am Beispiel der Eintriebigkeit (monoculm), wie die genomischen Syntheniebeziehungen von Tomate, A. thaliana und Reis zur genetischen Merkmalsanalyse beitragen können. Er deutet an, wie die gewaltige Variation der Gersten-Wildformen, die schon Prof. Salamini in Köln bearbeitete, für die züchterische Nutzung untersucht und vorbereitet wird.

    Die nächste Rednerin, Frau Dr. Maria von Korff, ist in der Abteilung „Entwicklungsgenetik“ von Prof. Coupland dabei, eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung des Mechanismus der Anpassung von Gerste an Trockenstress aufzubauen. Sie war zuvor im ICARDA in Syrien tätig und berichtete von ihren dortigen Arbeiten zur direkten Selektion von 158 Gerstenlinien (RIL-Population) auf vier Trockenstress-Standorten des Fruchtbaren Halbmonds mittels QTL-Analyse.
    In der Arbeitsgruppe von Frau Gebhardt entwickelt Dr. Claude Urbany im Rahmen des vom BMFT geförderten TASK-Projekts „Diagnostische Marker für die Auslese auf Schwarzfleckigkeit der Kartoffel“. Beteiligt am Zustandekommen des Symptoms ist eine im Amyloplasten lokaliserte Polyphenoloxidase, zu deren Ermittlung ein einfacher Farbtest mit kleinen Knollenscheibchen und weitere Assoziationsanalysen des Proteins auf 2D-Elektrophoresegelen dienen. Die zugehörigen Feldversuche mit 80 Sorten und 20 Zuchtklonen zur Erfassung der Umwelteinflüsse auf das Blaufleckigkeitsverhalten werden von 7 deutschen Kartoffelzüchtern an ihren jeweiligen Standorten durchgeführt.
    „What are the genetic factors of plant growth?“ ist die Frage, der in Koorneefs Abteilung der Franzose Dr. Mathen Reymand mit A. thaliana nachgeht. Untersucht werden anhand von 534 isogenic recombinant F4-lines Merkmale wie Rosettengröße, Blattfarbe oder Wurzelausbildung in Abhängigkeit von der Temperatur. Insbesondere zielt der QTL-Nachweis auf eine Kartierung von epistatischen Interaktionen.

    Frau Dr. Renate Lührs stellte die Aktivitäten der Firma Phytowelt vor. Dieses 1997 als Ableger des MPIZ gegründete Unternehmen (derzeit 30 Mitarbeiter) hat sich das „Phytomining“ zur Aufgabe gemacht, d.h. die Bearbeitung von wertvollen Pflanzeninhaltsstoffen, wie Phytopharmaka oder speziellen Enzymen, für eine anschließende Nutzung. Dazu dienen die verschiedensten Objekte, wie die Minze, Futter- oder Zierpflanzen, auch Pappeln oder Wildkartoffeln. Für die Schaffung neuer genetischer Variabilität steht methodisch die somatische Hybridisierung mittels Elektrofusion von Protoplasten im Mittelpunkt der Arbeiten. Vor allem geht es um Protoplastentechniken für Wildarten, Methoden zur asymmetrischen Fusion und die Entwicklung von molekularen Markern für die Identifizierung der Hybriden.

    Abschließend gab Frau Gebhardt einen Überblick über „22 Jahre Zusammenarbeit des MPIZ mit Kartoffelzüchtern“. 1985 begann Prof. Salamini in Köln mit der Entwicklung von Genkarten für die Kartoffel und gewann dafür in Frau Gebhardt einen interessierten postdoc. Nach Beendigung der durchaus erfolgreichen prebreeding-Aktivitäten an der Kartoffel von Rudorf, Ross und Mitarbeitern und Schließung der MPIZ-Zweigstelle in Scharnhorst 1996 konzentrierte sich die Kartoffelforschung in Köln vollständig auf Arbeiten an molekularen Karten für Resistenzgene, Analysen der Biodiversität und der Genomstruktur knollenbildender Solanum-Arten. Eckpunkte der Arbeiten waren:

    – die Entwicklung diagnostischer Marker zur Kartierung des H1-Gens für Resistenz gegen Globodera rostochiensis

    – die Analyse von Feldresistenz gegen Phytophthora in Kreuzungsnachkommenschaften diploider Kartoffeln in Kooperation mit französischen Züchtern

    – der Nachweis von QTLs für Stärkegehalt, Knollenertrag, Reife, reduzierende Zucker u.a. auf der 4n-Stufe und die Kartierung erster Kandidatengene

    – die Klonierung des R1-Gens für Phytophthora-Resistenz sowie tagging von QTLs für eine reifekorrigierte Resistenz mit ersten Versuchen zur markergestützten Selektion (MAS)

    – ein Vergleich von zwei Möglichkeiten der MAS auf quantitative Phytophthora-Resistenz mittels (a) einer experimentellen Population für die Koppelungsanalyse in F1 bzw. (b) einer natürlichen Population für die Assoziationsanalyse

    In den letzten Jahren intensivierte sich die Zusammenarbeit des MPIZ mit den deutschen Kartoffelzüchtern zusehends, wobei letztere das Material bereitstellten und in umfangreichen Feldversuchen die Daten für die Phänotypisierung erarbeiteten, während das MPIZ die molekulare Genotypisierung übernahm:

    – Im GABI-Programm wurden unter Verwendung vorliegender QTL-Analysenergebnisse zum Zucker/Stärke-Stoffwechsel und entsprechender Genkarten 150 molekulare Marker auf Assoziation mit Stärkemerkmalen, Knollen- und Stärkeertrag sowie Chipsqualität untersucht.

    – Nachfolgend wurden in GABI molekulare Marker für die Resistenz aus S. vernii gegen Globodera pallida sowie die reifekorrigierte Phytophthora-Resistenz entwickelt und zur züchterischen Nutzung vorbereitet.

    – Im Forschungsprogramm „BioChancePlus“ wird das „Kompetenznetzwerk Synchytrium“ (KOSY) gefördert. Die beteiligten Züchterhäuser haben spaltende Populationen zur Verfügung gestellt, welche beim JKI-Kleinmachnow hinsichtlich ihrer Krebsbiotypenresistenz geprüft werden. Die Genotypisierung dieses Materials erfolgt beim MPIZ. Das Ziel dieser Arbeiten ist eine Entwicklung von molekularen Markern.

    Mit einem „Blick nach vorn“ beschloss Frau Gebhardt ihren eindrucksvollen Vortrag. Sie stellte fest, dass die molekulare Genomanalyse beim Menschen u.a. wegen des mehrfach höheren Arbeitsumfangs und Mitteleinsatzes von Anfang an der bei der Kartoffel um rd. 10 Jahre voraus, aber grundsätzlich ähnlich ist. Deshalb darf die vollständige Sequenzierung des Kartoffelgenoms in 2-5 Jahren erwartet und ein whole genome association mapping mit der multiparallelen Genotypisierung von SNPs möglich werden. Die Beiträge des MPIZ dazu sind bis 2015, dem Ausscheiden von Frau Gebhardt (und auch Herrn Koornneef), sichergestellt, aber weitergehende Voraussagen sind zufolge der MPG-Regel: „neue Forscher – neues Programm“ derzeit nicht möglich.

    Bereichert wurde das Vortragsprogramm des ersten Halbtags durch eine Besichtigung des Schaugartens des Instituts mit seiner reichhaltigen Präsentation aller bei uns wichtigen Kulturpflanzen, die jährlich eine breite Öffentlichkeit und insbesondere zahlreiche Schulklassen anzieht, sowie der Versuchsgewächshäuser, zu deren teils überjährigem Zustand der kompetente Führer des Rundgangs, Herr Schuchert, kommentieren konnte, dass hier für die kommenden Jahre nennenswerte Mittel für Neuinvestitionen vorgesehen seien.

    Für ihre Übernachtung erreichten die Teilnehmer das Parkhotel Kerpen wegen der im Raum Köln-Bonn angespannten Verkehrssituation auf mehr oder weniger direkten Wegen, wurden dafür aber beim gemütlichen Beisammensein im zugehörigen Hotel Schweizer durch ein erstrangiges Menü entschädigt.

    Zur Fahrt auf das Versuchsfeld der KWK Nordrhein-Westfalen in Kerpen-Buir holte der zuständige Pflanzenbaureferent, Herr Löwenich, die Teilnehmer am Hotel ab. Seine Führung durch die Sortenversuche und Wertprüfung Kartoffeln war mit vielen aufschlussreichen Informationen gespickt. Von den 33.000 ha Kartoffeln in NRW stehen die meisten in der Köln-Aachener Bucht mit ihrer starken Lößauflage, guten Niederschlägen und günstigen Witterung. Allerdings wurde hier mit dem Kartoffelbau erst Mitte der 1980er Jahre begonnen. Aber seither konnte sich im Gebiet die Erzeugung sehr früher Kartoffeln erfolgreich entwickeln: 2008 wurden die ersten Kartoffeln im Januar gepflanzt und die ersten am 10. Mai geerntet! Die anwesenden Züchter von Saka und Europlant registrierten gern die guten Ergebnisse ihrer Sorten. Aktuelle Versuchsfragen sind in diesem Jahre die frühe Schalenfestigkeit und der Einfluss einer frühen Krautentfernung.

    Anschließend zeigte Herr Brendler, der Phytopathologe der Kammer, einen umfangreichen Versuch zur Kontrolle der Phytophthora, dem am Ort in der Kartoffel nach wie vor wichtigsten Krankheitserreger. Ende der 80er Jahre trat hier erstmals auch der A2-Typ auf, der in den folgenden Jahren zunehmende Aggressivität entwickelte. Seit Mitte der 90er veränderte sich das Rassenspektrum kaum noch. Aber die wirtschaftliche Relevanz von Phytophthora-Epidemien stieg weiterhin deutlich an, vermutlich aufgrund zunehmend günstiger Witterungsverhältnisse. Glücklicherweise hat die Industrie in den letzten Jahren eine Reihe neuer Wirkstoffe und Produkte (bessere Regenfestigkeit) auf den Markt gebracht. Hierzu konnte Herr Brendler einen umfangreichen Fungizidversuch an Bintje mit 7-, 10- und 14-tägigen Spritzabständen zur sicheren Vorbeugung epidemischen Phytophthora-Befalls vorstellen. Ein zweiter, ähnlich umfangreicher Versuch galt als Ringversuch der DPG der Alternaria-Bekämpfung.
    Den Abschluss der Tagung bildete eine eindrucksvolle Fahrt in den Braunkohle-Tagebau der RWE Power AG in Garzweiler: Größe der Abbaugrube 67 km2, aus der täglich rd. 1 Mio m3 Wasser abgepumpt werden müssen. Drei Kohleflöze, das unterste 170 m tief. Drei Schaufelradbagger (mit je 13.500 t Gewicht und 4 Personen Besatzung) bewegen täglich max. 240.000 m3 Kohle bzw. Abraum, die 5 km lange Laufbänder in 27 km/Std. Geschwindigkeit abtransportieren. Sie versorgen die beiden Kraftwerke Frimmersdorf und Neurath mit dem täglichen Bedarf von je 100.000 t Kohle und bringen den Rest in zwei Kohlebunker von je 300.000 t Lagerkapazität. Denn die erzeugte Energie wird rund um die Uhr und im Winter wie Sommer benötigt.

    Gleichzeitig erfolgt der Rückbau des Geländes in weitestgehend ursprünglicher Schichtung. Für die ersten 7 Jahre der Bewirtschaftung dieses Neulands betreibt die RWE in eigener Regie 3 Schirrhöfe. Einer der Betriebsleiter ist unser Führer, Herr Ing.agr. Woopen, der interessant von den Problemen auf diesen Großflächen berichtet. Diese sind mit ihrer gleichmäßigen 2m dicken Lößauflage zunächst biologisch tot und ohne jeglichen Humusgehalt. Als erste Frucht steht für 3 Jahre Luzerne, dann können Getreide folgen. Bodenherbizide wirken wegen des fehlenden Humus vielfach stärker als normalerweise, und schwere Landmaschinen können im Untergrund unreparierbare Druckschäden verursachen. Zweimaliger Zuckerrübenanbau kann zu epidemischer Nematodenvermehrung führen und Kartoffeln haben in den ersten Jahren keinerlei Geschmack, ihr erstmaliger Anbau ist frühestens nach 10 Jahren denkbar.

    (G.Röbbelen, Göttingen)

  • Bericht der Vortragstagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung 21./22. November 2007 in Göttingen

    – 75 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

    Diese Wintertagung war mit 12 interessanten Vorträgen und intensiven Diskussionen im Plenum oder auch in persönlichen Zirkeln in Pausen oder beim abendlichen Beisammensein im Göttinger Ratskeller ein erneut lohnendes Ereignis.

    Die ersten vier Vorträge betrafen den Phytophthora-Befall der Kartoffelbestände angesichts der ungewöhnlichen Witterung im abgelaufenen Jahr 2007. H. Hausladen, Freising, berichtete von den Erfahrungen in Süddeutschland: Nach dem hohen Befall im Vorjahr 2006 war latenter Befall des Pflanzgutes zu erwarten. Aber nicht dieser, sondern die vorherrschende Bodenfeuchte war für die Ausbreitung der Phytophthora in den Beständen bestimmend. Letztendlich führte der kühle Juli im Süden jedoch zu relativ wenig Befall, – sofern man mit den Spritzungen rechtzeitig begonnen hatte; denn alle Phytophthora-Fungizide wirken nur präventiv und nicht kurativ.

    Das war denn auch, wie K. Osmers, Meppen, vortrug, vielerorts das besondere Problem in Norddeutschland. Das Frühjahr war ungewöhnlich warm, so dass hier die erste Spritzung am 30. April bereits zu spät lag und auch die systemischen Wirkstoffe die Pflanzen nicht mehr gesund halten konnten. Bei geeigneter Spritzfolge waren 2008 die Erträge aber hoch. Gegen Metalaxyl hat der Pilz Resistenz aufgebaut, wozu Kartoffeldurchwuchs beitrug. Dennoch ist mit drei neuen Fungiziden die Mittelpalette insgesamt als gut zu bezeichnen.

    Die Entwicklung der Phytophthora-Fungizide im historischen Ablauf von der anorganischen Bordeaux- (Kupfer-)Brühe über organische Mittel (wie Maneb) bis zu den systemischen Wirkstoffen skizzierte K. Buhr, Syngenta Agro, Maintal. Im Jahre 2007 erlebte Mitteleuropa eine Phytophthora-Epidemie ungewöhnlicher Intensität; im Mittel waren 11 Spritzungen erforderlich (2006 waren es 7). Für die Entwicklung neuer Wirkstoffe explodieren derzeit der Chemischen Industrie die Kosten (je Produkt 200 Mio €). Dazu trägt auch die Revision der EU-Richtlinie zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln bei, die eine zonenweise Anerkennung (maritime, mediterrane Zone, Nordost, Südost u.ä.) und gefahrenbezogene Ausschlusskriterien vorsieht (Toxicität wird nicht mehr toleriert):  3. Lesung 2009.

    Im ökologischen Kartoffelanbau untersuchte Ch. Bruns, Witzenhausen, die Ertragsrelevanz von Phytophthora-Befall. Nur in 3 von 7 Beständen war sie gegeben. Positiv wirkten Vorfrüchte wie Kleegras, Weizen oder Hafer, auch Vorkeimen oder frühe Sorten. Wenn Knollen schon vor Befallsbeginn gebildet waren, blieb der Ertragsabfall gering. Wichtig ist eine Begrenzung des N-Angebots. Wenn noch 60 % der Blattfläche gesund ist, ist weiterer Ertragszuwachs möglich.

    Im ökologischen Anbau kann mehrjähriges Kleegras oder auch schon Winterweizen als Vorfrucht, wie Frau U. Schepl, Witzenhausen, berichtete, zu verstärktem Drahtwurmbefall führen. Schäden ergeben sich nicht nur durch die Fraßgänge (Löcher in der Schale!), sondern oft auch durch nachfolgenden Rhizoctonia-Befall. Bekämpfen lässt sich der Schnellkäfer mittels Pheromonfallen (in 100 Fallen wurden 35.000 Käfer gefangen!). Der Drahtwurm könnte durch intensive Bodenbearbeitung gestört (reduziert?) werden. Er wird (nach Prophyta im Labor) durch das entomopathogene Metarhizium parasitiert; aber im Freiland sind diesbezügliche Erfolge noch nicht bekannt.

    Suppressive Komposte aus Rinden oder holzreichem Grüngut können nach Ch. Bruns, wenn sie im ökologischen Anbau in Reihen um die Knolle abgelegt werden, die Gesundheit bezüglich Rhizoctonia deutlich verbessern.
    Abschließend zum ersten Halbtag der Tagung erinnerte Herr Haase, Detmold, dass die FAO 2008 zum „Jahr der Kartoffel“ erklärt hat. Diesem Motto wird auch die 3. Jahrestagung der EAPR in Rumänien vom 6.-10. Juli 2008 gewidmet sein. Zuletzt zeigte Frau Dr. I. Wulfert, Rostock, von der Tagung der EAPR-Sektion Virologie 2007 in Schottland einen Film, mit dem der Verband der Kartoffel-Pflanzguterzeuger Schottlands? einem breiten Publikum seine Produktion und Vermarktung hochwertiger Pflanzkartoffeln in höchst eindrucksvoller und kompetenter Weise vorstellte.

    Am zweiten Halbtag eröffnete B. Niere, BBA Münster, die Reihe der Vorträge mit Hinweisen zur neuen Bekämpfungsrichtlinie Kartoffelzystennematoden, in der der Sortenresistenz eine wichtige Bedeutung zugewiesen wird.

    Das Blattrollvirus, mit dem um 1970 in Niedersachsen rd. 60 % aller Bestände infiziert waren, wurde nach V. Zahn, Hannover, 2006 nur noch in 2 % der Felder nachgewiesen. Beunruhigend ist, dass sich dieses Virus wieder ausbreitet, ohne einen Phänotyp auszubilden! Symptomlose Pflanzen besitzen das Virus, in dem nur eine einzige Aminosäure verändert ist.

    Frau Dr. Wulfert berichtete Einzelheiten von der oben erwähnten EAPR-Virologen-Tagung: Mit Pflanzgut wurden Viren neuerdings aus Europa nach Australien eingeschleppt. Die Welterwärmung führt zu einem deutlich früheren Auftreten der Vektoren und trägt auch zur Resistenzentwicklung bei. Für die Qualitätssicherung (ISO) bedeutet der Virusnachweis mit PCR einen wichtigen Fortschritt: Statt 6-8 Wochen beim Elisa-Stecklingstest braucht der molekulare Nachweis nur 1-5 Tage.

    Vom Deutschen Kartoffelhändlerverband e.V., Bonn, informierte D. Tepel über die freiwillige Vereinbarung der deutschen Kartoffelwirtschaft: „Qualitätsoffensive Festschaligkeit“. Insbesondere zu Saisonbeginn schwächt Losschaligkeit die Konkurrenz der einheimischen Produktion gegenüber den importierten Frühkartoffeln. Wenn Festschaligkeit erst 3 Wochen nach Krautabtötung erreicht werden kann, bedeutet das 15 dt weniger Ertrag bzw. niedrigeren Preis und deutliche Qualitätsmängel. Hier ist Sortenzüchtung vordringlich!

    G. Tiedemann, Kiel, berichtete über Sortenwahl und Anbausituation in einer Anbauregion mit starker (80 %) Direktvermarktung. Neben 1.900 ha Pflanzkartoffeln (in der Marsch an der Westküste) erzeugt Schleswig-Holstein 3.200 ha Speisekartoffeln, für deren Qualität gilt: „Die Menschen von heute wünschen sich das Leben von übermorgen zu dem Preisen von vorgestern“.

    Ein zunehmendes Problem bei der Kartoffellagerung ist die Keimhemmung. Einen historischen Überblick über die zahlreichen Verfahren gab R. Peters, Dethlingen, von der Maleinhydrazidspritzung zur Blütezeit, der Puderung (Tixit neu) bei privater Einkellerung bis zur Flüssig- oder Heißnebel-Behandlung, zu der in Zukunft u.U. auch eine Kaltvernebelung denkbar ist. Für letztere Methoden sind alle Mittel CIPC-Derivate, von denen jedoch zurzeit nur noch ein einziges zugelassen ist. Neu sind Mittel auf Basis Ethylen, das aber nur zu temporärer Keimhemmung führt, oder ätherische Pflanzenöle von Pfefferminze (Mitobar) oder Kümmel.

    Abschließend dankt der Vorsitzende, Dr. Hofferbert, allen Rednern, insbesondere aber seinem langjährigen Stellvertreter, Herrn Peters, der mit dieser Tagung sein Amt an Herrn Ing. agr. Adolf Kellermann, LfL Freising, übergeben hat.

    (G. Röbbelen, Göttingen)

  • Bericht der Vortragstagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung 11./12. Juli 2007 in Freising und Rain am Lech

    – 40 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

    Zur diesjährigen Sommertagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung begrüßte der Vorsitzende, Herr Dr. Hofferbert, in Freising-Weihenstephan über 40 Teilnehmer. Herr Prof. Wenzel stellte als Dekan zunächst den Standort und die Konzeption des Wissenschaftszentrums Weihenstephan der TU München vor. Die sechs Studienfakultäten sind in einzelne Forschungsdepartments unterteilt, wobei im Bereich Agrar- und Gartenbauwissenschaften 13 Professoren die Lehre und Forschung für drei Studiengänge vertreten. Schwerpunkte der weiteren Ausführungen waren die Erfahrungen mit Freisetzungsversuchen bei GMOs und vor dem Hintergrund der Berufung zum hauptamtlichen Dekan ein Rückblick auf seine eigenen Forschungsarbeiten im Bereich Kartoffeln. In der Diskussion kam die Sorge zum Ausdruck, dass die Kartoffel am neu besetzten Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung nicht weiter bearbeitet und damit jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet unwiederbringlich verloren geht. Abschließend verabschiedete Herr Dr. Hofferbert Herrn Prof. Wenzel aus dem Ausschuss der AG und dankte ihm sowohl für die wertvollen Impulse bei der Ausschussarbeit als auch für sein vielseitiges und richtungweisendes Engagement im Bereich der Kartoffelforschung und -züchtung.

    Die Vorstellung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft und deren Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ) übernahm der Leiter, Herr Dr. Doleschel. Die Aufgaben des IPZ umfassen u. a. die Bereitstellung von Fachinformationen, die angewandte produktionstechnischen Forschung, die Züchtungs- und Qualitätsforschung, die Biotechnologie, Genomik und Gentechnologie in der Pflanzenzüchtung, die Hopfenforschung und -beratung, die amtliche Saatenanerkennung, Saatgutuntersuchung und -forschung sowie die amtliche Verkehrskontrolle bei Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln.

    Nach einer kurzen Einführung von Herrn Kellermann als Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzenbausysteme, Züchtungsforschung und Beschaffenheitsprüfung bei Kartoffeln des IPZ stellte Frau Dr. Behn die bisherigen Ergebnisse ihres dreijährigen Projektes zur Etablierung von Basiszuchtmaterial mit Resistenz gegen die Bakterielle Ringfäule (CMS) bei Kartoffeln vor. Neben der Optimierung eines praxisgerechten Nachweistestes für CMS wurden verschiedene Sorten, somatische Hybriden und Wildarten auf mögliche Resistenzquellen untersucht. Dabei wurden in S. acaule einige wenige resistente Akzessionen gefunden, die jetzt über eine Protoplastenfusion mit toleranten Sorten zur weiteren Resistenzzüchtung genutzt werden sollen. In der anschließenden Diskussion wurde auf die Gefahren der latenten Verschleppung von CMS durch neue tolerante bzw. resistente Sorten hingewiesen, die dann in Praxisbetrieben zu unerwarteten Befallsausbrüchen führen könnten.

    Frau Yesu Song berichtete über Ihre Arbeiten zur Entwicklung molekularer Marker für den Nachweis von Resistenzgenen. Für den Bereich der zystenbildenden Kartoffelnematoden werden drei verschiedene Kreuzungspopulationen verwendet. Über ein Nachweissystem können Resistenzherkünfte aus S. spegazzinii gegen den Befall durch G. rostochiensis nachgewiesen werden. Weitere Systeme detektieren Resistenzherkünfte aus S. vernei. Ein Testsystem zum Nachweis einer Resistenz gegen G. pallida, Pathotyp Pa2, detektiert vermutlich Resistenzen aus der Quelle VTN62-33-3. In weiteren Untersuchungen befasst sich Frau Song mit Markern zum Kartoffelkrebs, für die als Vorarbeit verschiedene Phänotypisierungsmethoden, auch auf PCR-Basis, zur Einstufung des verwendeten Pflanzenmaterials vorgestellt wurden. Neben diesen eigenen Entwicklungen wurden ein bereits publiziertes Testsystem evaluiert und die Ergebnisse diskutiert. Über die Möglichkeiten des markerfreien Gentransfers berichtete Herr Dr. Reichmann am Beispiel der Amylopektin-Kartoffel. In einen ersten Ansatz wurden in einer markerfreien Transformation 10.000 Produkte erzeugt, von denen nach zeitintensiven Untersuchungen nur ein Stamm die angestrebte Amylose- und Promoterfreiheit aufwies. Auch bei dieser Vorgehensweise wird der neue Stamm als GMO eingestuft und unterliegt bei den gegenwärtig zwei Freilandversuchen besonderen rechtlichen Regelungen. In einem neuen Ansatz wird versucht, eine Markerfreiheit des neuen Produktes zu erreichen, indem zunächst eine Übertragung der neuen Eigenschaft mit einem Markergen erfolgt, das dann in einem zweiten Schritt über eine sequenzspezifische Rekombination entfernt wird. Dabei blieben jedoch einige wenige Basenpaare des Markergens zurück, deren Bedeutung jetzt näher untersucht wird. Zum Abschluss des Besuchs gab es in zwei Gruppen einen interessanten Institutsrundgang, bei dem weiter über die Forschungsarbeiten am IPZ diskutiert wurde.

    Nach der Übernachtung in Wertingen stand am nächsten Morgen die Besichtigung der Versuchsstelle Anzenhof des Amtes für Landwirtschaft und Forsten (ALF) in Augsburg auf dem Programm. Herr Maurer wies dabei zunächst auf die besondere Stellung der Kartoffel im Dienstgebiet des ALF Augsburg hin, wo etwa 50 % der bayerischen Pflanzkartoffeln und 40 % des gesamten bayerischen Kartoffelanbaus beheimatet sind. Den Sortenversuch mit 15 Pommes frites-Kartoffeln stellte Herr Steppich anhand von Ergebnissen einer ersten Probe-rodung sowie den jeweils aufgelegten Knollen einer Staude vor. Darüber hinaus befindet sich auf dem Versuchsfeld ein produktionstechnischer Versuch mit Pommes frites-Sorten, bei dem sowohl die Bestandesdichte als auch die N-Düngung in zwei Stufen variieren.

    Den weiteren Weg der Pommes frites-Kartoffeln vom Feld bis in die Tüte veranschaulichte die letzte Station der Sommertagung, das Kartoffel Centrum Bayern (KCB) in Rain am Lech. Den Betrieb und die Aufgaben des gemeinschaftlich von der BayWa und der Firma Weuthen geführten KCB stellte der Standortleiter Herr Färber vor. Seit 1999 ist KCB alleiniger Lieferant für das benachbarte Veredelungswerk und mittlerweile für die Beschaffung von jährlich 180.000 t Kartoffeln verantwortlich. Diese stammen vermehrt von guten Böden; über 30 % der Flächen stehen zur Ertrags- und Qualitätssicherung bereits unter Beregnung. Die Vertragslandwirte lagern den größten Teil des Erntegutes selbst ein, so dass das KCB nur über ein kleineres Lager zur Absicherung der Lieferbereitschaft verfügt. Die nicht für die Pommes frites-Produktion benötigten oder geeigneten Kartoffeln werden an weitere Abnehmer in Deutschland vermarktet.

    Das weltweit agierende Verarbeitungsunternehmen AVIKO und den Standort Rain am Lech stellte der Fabrikleiter Herr Pohl vor. Als südlichstes europäisches Verarbeitungswerk der AVIKO werden hier nur tiefgefrorene Produkte hergestellt, die vor allem nach Süd-Ost-Europa exportiert werden. Dieser räumliche Vorteil ist aber mit relativ hohen Grundkosten am Standort verbunden, so dass für den konzerninternen Wettbewerb möglichst wenige Personalkosten, hohe Automationsgrade, hohe Energieeffizienz und geringe Produktionsmittelverbräuche wichtig sind. So zeigte sich beim Betriebsrundgang, dass in einer Schicht nur zwei Personen für die eigentliche Pommes frites-Produktion verantwortlich sind, während der größte Teil der im Dreischichtbetrieb arbeitenden Mitarbeiter in der Verpackung tätig ist. Die Lagerung der Fertigprodukte erfolgt in einem 18.000-t-Hochregallager, das sich bei -20 °C nur für einen kurzen Aufenthalt eignete.

    (R. Peters, Dethlingen)

  • Bericht der Vortragstagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung am 22./23. November 2006 in Göttingen

    – 75 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

     Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Vorsitzenden, Herrn Dr. Hofferbert, ging es in den ersten beiden Vorträgen um die neuen Strukturen im agrarwissenschaftlichen Bereich der Universität Göttingen. Frau Prof. Pawelzik stellte die Potentiale in Lehre und Forschung des zum Jahresbeginn 2006 aus sieben Instituten neu gebildeten Departments für Nutzpflanzenwissenschaften vor. Das in 13 Abteilungen gegliederte Department sieht seine Hauptaufgabe in der Koordinierung und Weiterentwicklung von Lehr- und Forschungsaktivitäten sowie der Umsetzung gemeinsamer Lehrveranstaltungen, wie z.B. dem Modul „Kartoffelproduktion“. Ergänzend dazu stellte Frau Dr. Kreykenbohm die aktuellen Studienabschlüsse Bachelor und Master im Bereich Agrarwissenschaften vor. Der Studienabschluss Bachelor ist nach 6-8 Semestern zu erreichen, wobei neben dem Grundlagenstudium in der zweiten Hälfte einer von fünf Studienschwerpunkten vertieft wird. Beim Nachweis entsprechender Leistungen kann sich in 2-4 Semestern die modular aufgebaute Master-Ausbildung anschließen. Zudem wurde in Göttingen die Promotion in einen dreijährigen Promotionsstudiengang eingebettet, der außer der wissenschaftlichen Arbeit auch den Besuch von Seminaren und Praktika beinhaltet.

    Über die Aufgaben und Zielsetzungen der Förderungsgemeinschaft der Kartoffelwirtschaft als neuem Träger der Versuchsstation Dethlingen berichtete deren Vorsitzender, Herr Dr. Winkelmann, Munster. Die Zusammenarbeit der Förderungsgemeinschaft mit den staatlichen und privaten Finanzierungspartnern sowie der LWK Niedersachsen bietet die Voraussetzungen für eine Fortführung der aktuell auf die Schwerpunkte Lagerung und Aufbereitung konzentrierten Forschungsarbeiten am Standort Dethlingen. Zukünftige Ziele sind eine langfristigere Absicherung der Versuchsstation sowie deren finanzielle und personelle Stärkung zum Wohle der gesamten Kartoffelwirtschaft.

    Auf der Grundlage eines Gewässermonitoring von 1997-2005 berichtete Frau Retzer, LfL Bayern, Freising, über das Vorkommen von Ralstonia solanacearum (Rs) in Oberflächengewässern Bayerns. In nur 9 von über 70 Gewässern wurde Rs punktuell oder abschnittsweise gefunden; einige Gewässerabschnitte sind jedoch auch dauerhaft belastet. Hier besteht eine enge Verbindung zum Auftreten des Bittersüßen Nachtschattens im Uferbereich. Als Gegenmaßnahmen wurden ein allgemeines Beregnungsverbot von Kartoffeln aus Oberflächengewässern sowie eine Intensivierung der Beratung der Landwirte umgesetzt. Herr Dr. Darsow, BAZ, Groß Lüsewitz, stellte die Ziele und Ergebnisse des „Eucablight“ Projektes vor, das als EDV-basiertes Phytophthora-Netzwerk zu harmonisierten Untersuchungs- und Bewertungsmethoden in Europa führen soll. Die angestrebte Vereinheitlichung hat mit der Homepage www.eucablight.org eine praktikable Grundlage, die aber noch stärker in die nationalen Versuchsarbeiten integriert werden muss.

    Frau Dr. Benker, LfL Bayern, Freising, konzentrierte sich bei ihren Ausführungen zur Krautfäulebekämpfung im ökologischen Kartoffelanbau auf die Projektergebnisse aus zwei Jahren ÖKO-SIMPHYT. In den Jahren 2005/06 hatte das Modell den Infektionsverlauf zuverlässig prognostiziert und eine Optimierung bzw. Minimierung der Cu-Aufwandmenge ermöglicht. Auch im ökologischen Anbau zeigte sich die Bedeutung der Bodenfeuchte für den Stängelbefall, wobei eine Cu-Beizung des Pflanzgutes einen positiven Effekt auf den Befallsverlauf im Bestand und Lager hatte. In einem Übersichtsvortrag fasste Herr Dr. Darsow den Stand des jahrzehntelangen Pre-Breeding bei Kartoffeln am Institut für Landwirtschaftliche Kulturpflanzen der BAZ in Groß Lüsewitz zusammen. Diese Vorzüchtung führte zu Erzeugung immer günstigerer Vererber für eine quantitative Phytophthora-Resistenz, die bereits in der praktischen Kreuzungsarbeit der Züchter eingesetzt werden. Dabei konnte die Kombinierbarkeit quantitativer Kraut- und Braunfäuleresistenz mit allen weiteren züchterisch erwünschten Merkmalen nachgewiesen werden. Neben der Kraut- ist auch der Braunfäuleresistenz wieder eine höhere Aufmerksamkeit zu schenken und gilt es, gezielte Prüfungen durchzuführen. Um die Dauerhaftigkeit der quantitativen Phytophthora-Resistenz zu nutzen, ist auch in Zukunft eine Erzeugung verbesserter Resistenzvererber durch die BAZ unerlässlich.

    Die Fortschritte in der Resistenztestung von Kartoffeln gegenüber Tobacco rattle virus (TRV) stellte Herr Prof. Varrelmann, Göttingen, vor. Durch die Entwicklung eines Avirulenzgenproduktes ist ein schneller Resistenztest zur Selektion von TRV resistenten Genotypen möglich. Am Verhalten der Sorte ‘Bintje’ wird aber noch weiterer Forschungsbedarf deutlich, da nicht alle Sorten auf dieses Avirulenzgenprodukt auch mit Resistenzreaktionen reagieren. Frau Dr. Lindner, BBA, Braunschweig, machte an Hand der Ergebnisse aus einem Ringversuch zum PVYN-Wilga mit den Pflanzgutanerkennungsstellen der Länder in den Jahren 2002 und 2003 deutlich, dass PVYNW neben PVYNTN als vorherrschender PVY-Stamm in Deutschland vorkommt und auch in anderen europäischen Ländern weiter verbreitet ist. Die Blattsymptome sind jedoch insbesondere bei leichtem Befall nicht immer sichtbar ausgeprägt, so dass der Einsatz zusätzlicher Nachweisverfahren (ELISA, PCR) sinnvoll erscheint.

    Einen Überblick über die Harmonisierung der Pflanzkartoffelzertifizierung in der EU gab Herr Dr. Erbe von der LALLF MV in Rostock. Neben der deutschen Pflanzkartoffelverordnung sind die EG- und UNECE-Standards vor allem für den Export von Pflanzkartoffeln von Bedeutung und beinhalten z. T. höhere Qualitätsanforderungen. Zudem gelten auch in einigen europäischen Nachbarländern höhere Standards, so dass Deutschland im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit die Pflanzkartoffelverordnung in einigen Punkten modifizieren sollte. Über die Sortenempfehlungen in der Schweiz vor dem Hintergrund der Acrylamid-Problematik berichtete Herr Dr. Hebeisen, Agroscope, Reckenholz/CH. Für die Rohstoffqualität ist die Sortenwahl wichtiger als die Jahreswitterung und der Standort, und auch die unterschiedliche N-Versorgung hat keinen Einfluss auf die Acrylamidgehalte der Fertigprodukte. Vor diesem Hintergrund werden die Acrylamid-Untersuchungen mit neuen Verarbeitungssorten fortgeführt und auch Speisesorten mit in die Tests einbezogen. Zudem könnten Speisekartoffeln in der Schweiz zukünftig wärmer gelagert werden, wenn sich die humantoxikologische Beurteilung von Acrylamid verschärfen sollte.
    Die vielen theoretischen Vorteile einer optoelektronischen Sortierung waren nach Aussage von Herrn Dr. Maly für die Friweika e. G., Weidensdorf, ein wichtiger Grund, um sich in eigenen Vergleichsversuchen mit der optoelektronischen Aufbereitung von ungeschälten Kartoffeln zu beschäftigen. Grundlegende Voraussetzungen für eine gute Arbeitsqualität aller drei untersuchten Maschinen waren Kartoffelpartien, die vorfraktioniert wurden, keine Beimengungen besaßen sowie sauber und tropffrei waren. Zudem hatten sich ein Polieren der Knollen vor der optoelektronischen Sortierung und eine partienbezogene Anpassung des Durchsatzes als vorteilhaft erwiesen. Im abschließenden Vortrag ging Herr Dr. Peters, Versuchsstation Dethlingen, auf die Ursachen der Qualitätsprobleme bei den Kartoffeln aus dem Anbaujahr 2006 ein. Die hohen Temperaturen im Juli waren Auslöser für ein neuerliches Wachstum der Knollen, das sich bei der Ernte in Zwiewuchs oder Kindelbildung widerspiegelte. Die z.T. sehr hohen Niederschläge im August begünstigten das sekundäre Wachstum der Knollen und erhöhten zugleich auch den Infektionsdruck durch Erwinia und Phytophthora stark. Durch das Fehlen ausreichend kühler Nächte im September und Oktober konnte das Entwicklungspotential der Erreger nicht ausreichend begrenzt werden, so dass eine Vielzahl von Partien mit Nassfäuleschäden kurzfristig wieder ausgelagert werden mussten.

    (R. Peters, Dethlingen)

  • Bericht der Sommertagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung im Weser-Ems-Gebiet am 11./12. Juli 2006

    – 35 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

    Ziel der diesjährigen Sommertagung der AG war das Weser-Ems-Gebiet und die erste Station die Landmaschinenfabrik Grimme in Damme. Nach der Begrüßung durch den Firmeninhaber Franz Grimme stellte Herr J. Feld die Geschichte des 1861 als Schmiede gegründeten Unternehmens vor. Nachdem bereits 1936 der erste von Pferden gezogene Sammelroder vorgestellt wurde, dauerte es kriegsbedingt weitere 20 Jahre, bis die Serienfertigung von Kartoffelsammelrodern anlaufen konnte. Heute arbeiten etwa 750 Mitarbeiter am Standort Damme und weitere 250 Mitarbeiter in verschiedenen Ländern für die Grimme Gruppe, die über ein weltweites Vertriebsnetz mit über 70 Vertretungen verfügt. Seit 2003 wird als weiteres Geschäftsfeld die Zuckerrübenernte bearbeitet, für die ein selbstfahrender sechsreihiger Bunkerroder mit Bandlaufwerk angeboten wird.

     Die Kartoffelsparte am Standort Damme erreichte im letzten Jahr einen Umsatz von ca. 107 Millionen Euro, von denen 10 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert wurden. Diese Innovationskraft spiegelte sich auch in dem von Herrn U. Meierhans vorgestellten Maschinenprogramm wider, das von der Bodenseparierung über Legen, Pflege und Ernte bis zu Einlagerungstechnik reicht. Hinzu kommen neueste Entwicklungen im Bereich der Gemüsetechnik. Durch die weltweite Ausrichtung des Unternehmens ist eine überaus große Spannweite an Anforderungen abzudecken, die nur durch eine konsequente Anwendung der Modulbauweise bei der Maschinenentwicklung umzusetzen ist. Herr B. Kruthaup konnte dies bei seinen Ausführungen zur Mechanisierung des Kartoffelanbaus in den USA noch verdeutlichen. Um auch eine für die dortigen Produktionsbedingungen geeignete Technik anbieten zu können, hat die Landmaschinenfabrik Grimme den amerikanischen Maschinenhersteller Spudnik übernommen und in Blackfoot/Idaho ein neues Fertigungswerk aufgebaut.

     Der abschließende Rundgang durch die Fertigungs- und Montagehallen der Landmaschinenfabrik Grimme vermittelte den Teilnehmern einen nachhaltigen Eindruck vom Stand der heutigen Landmaschinenproduktion. CNC-gesteuerte Werkzeugmaschinen, Schweißroboter und eine umweltorientierte Farbgebung dokumentierten ebenso den industriellen Stand der Fertigung, wie die auf kleinen Arbeitsgruppen basierende Organisation am Montageband und die eingehende Qualitätskontrolle der Maschinen vor der Auslieferung.

     Die regionale Bedeutung des Kartoffelanbaus wurde am nächsten Morgen auf der Fahrt nach Meppen durch die vielen Kartoffelfelder beidseits der Straße deutlich. Herr Dr. K. Osmers stellte zunächst die Bezirksstelle Emsland der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und dann die Arbeitsschwerpunkte der von ihm geleiteten Fachgruppe Pflanzenbau und Pflanzenschutz vor. In den beiden zur Bezirksstelle Emsland zählenden Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim ist noch eine hohe Zahl an landwirtschaftlichen Betrieben tätig, da Ackerbau und Tierhaltung vielfach gleichrangige Betriebszweige sind. Durch den Ausbau der Verarbeitungskapazitäten in den Stärkewerken der deutschen Emslandstärke und der niederländischen AVEBE konzentrieren sich die Landwirte im Gebiet der Bezirksstelle Emsland mit ca. 35.000 ha und in der angrenzenden niederländischen Region Drente mit weiteren 50.000 ha auf die Kartoffelproduktion. Dies führt z.T. zu einem Kartoffelanteil in der Fruchtfolge von bis zu 40 Prozent.

     Mit dieser Anbaudichte ist auch der Krankheitsdruck auf den Flächen gewachsen und bestimmt zunehmend die Arbeit der Bezirksstelle. Exemplarisch ging Herr Dr. Osmers auf die Problembereiche Weißer Kartoffelnematode und Kartoffelkrebs ein. Die Quarantänekrankheit Kartoffelkrebs wurde 1999 das erste Mal in der Region gefunden, und zurzeit sind zwölf Befallsflächen amtlich festgestellt. Hinzu kommen 34 Befallsflächen auf niederländischer Seite, die den Kartoffelkrebs zu einem begrenzenden Faktor für den Kartoffelanbau werden lassen. Vor diesem Hintergrund untersucht die Bezirksstelle Emsland die Resistenz ausgewählter Sorten gegen den Pathotyp 8, während in den Niederlanden Sortenresistenzen gegen den Pathotyp 18 ermittelt werden. Die Ergebnisse werden von den Stärkefabriken in ihre Anbauplanung einbezogen, um einer Ausdehnung dieser Krankheit entgegen zu wirken.

    Den Abschluss bildete die Besichtigung eines Anbauversuches der Bezirksstelle zu „Vermehrungsfaktoren der Kartoffelnematoden und Ertragsleistungen beim Anbau verschiedener Kartoffelsorten auf einer vom Weißen Kartoffelnematoden befallenen Fläche“ in Haren-Peermoor. Auf der stark befallenen Fläche wechselten sich quer zur Legerichtung unbehandelte und mit einem Nematizid im Herbst behandelte Anbauparzellen ab, so dass die Toleranz der einzelnen Sorten gegenüber dem Nematodenbefall deutlich sichtbar wurde. Zudem wird der Gehalt an Eiern und Larven vor und nach dem Anbau untersucht, um die sortenspezifische Vermehrungsrate der Nematoden zu erfassen. Auf einer benachbarten Fläche war im Rahmen eines von der EU geförderten Projektes zur „Qualitäts- und Renditeverbesserung der Kartoffelstärkekette“ (Agrobiokon – EDR) ein Versuch zur sortenspezifischen N- und K-Düngung angelegt, in dem auch Wechselwirkungen zwischen der Düngung und dem Nematodenbefall untersucht werden. Ein wesentliches Ziel des aus mehreren Segmenten bestehenden Projektes ist die Vernetzung der Daten und deren Verbreitung über das Internet.

     (T. Reetz, Bonn)

  • Bericht der Sommertagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung am 13./14. Juli 2005 in Groß Lüsewitz

    – 35 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

     Zum Besichtigungsprogramm der diesjährigen Sommertagung begrüßte der Vorsitzende, Herr Dr. Hofferbert, die Teilnehmer in Groß Lüsewitz. Erster Programmpunkt war die von Herrn Dr. Dehmer geleitete Kartoffel-Genbank des IPK. Sie verfügt im Kulturkartoffelsortiment über einen Bestand von ca. 2.800 Sorten und Zuchtstämmen sowie über 3.000 wilde und kultivierte Arten. Im Feldanbau steht nur ein kleiner Teil des Kulturkartoffelsortiments, während der größte Teil durch in-vitro-Kultur erhalten wird. Die wilden und kultivierten Arten werden zumeist über eine Langzeitlagerung der Samen erhalten. Von den Akzessionen werden ausführliche Passport- und Evaluierungsdaten erhoben. Die kostenfreie Abgabe des auf Quarantänekrankheiten getesteten Genbankmaterials erfolgt sowohl an Züchtungsunternehmen als auch an Privatpersonen, die den Großteil der Abnehmer stellen.

    Die Vorstellung der Nordring- Kartoffelzucht- und Vermehrungs-GmbH (Norika) übernahm Herr Dr. Junghans im angenehm temperierten Kartoffellagerhaus. Die Norika hat zurzeit acht Gesellschafter aus dem Veredelungsbereich und beschäftigt etwa 50 Mitarbeiter. Die Neuzucht mit jährlich etwa 120.000 Sämlingen aus 300 Kreuzungen erfolgt in Groß Lüsewitz, während die Erhaltungszucht an den Standorten Vorder Bollhagen und Lindenhof durchgeführt wird. Gegenwärtig hat das Unternehmen 36 Sorten in Deutschland zugelassen, wobei der frühreifende Bereich einen Züchtungsschwerpunkt darstellt. Anschließend wurden in der Station die schnelle Vermehrung und die Erzeugung von Knollen im Gewächshaus vorgestellt. Die Besichtigung des Versuchsfeldes vermittelte einen guten Überblick über die praktische Züchtungsarbeit des Unternehmens und bot die Möglichkeit zu vielen Diskussionen.

    Am nächsten Morgen begrüßte Prof. Wehling die Teilnehmer in der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen am Standort Groß Lüsewitz und gab einen kurzen Überblick über die Aufgaben des Institutes für landwirtschaftliche Kulturen (ILK) sowie d es Instituts für abiotische Stresstoleranz. Die Arbeiten der Institute orientieren sich am aktuellen Forschungsplan des BMVEL. Bei der Züchtungsforschung zu Kartoffeln werden neben den klassischen Züchtungsmethoden auch die somatische Hybridisierung, die Dihaploidenzüchtung und die Gentechnik genutzt. Beim Forschungsschwerpunkt ‚Qualität/Nachwachsende Rohstoffe’ stehen die Speise-, Veredelungs- und Rohstoffeignung sowie die Anbausysteme im Vordergrund, während beim Arbeitsschwerpunkt ‚Gesunde Pflanze’ unterschiedliche Krankheitsresistenzen und die Trockenstresstoleranz vorrangig untersucht werden. Ein Ergebnis dieser Arbeiten ist seit 1992 die Abgabe von züchterisch adaptiertem Kartoffel-Ausgangsmaterial (ca. 700 Klone und 6.500 Samen) für Pflanzenzüchtung, Züchtungsforschung und Ökologischen Landbau.

    Die Untersuchungen von Herrn Dr. Jürgens zum genotypischen Acrylamidbildungspotential der Kartoffeln bei der Kaltlagerung ergaben eine lineare Beziehung zwischen den Gehalten an reduzierenden Zuckern und Acrylamid, während der Gehalt an Asparaginsäure bei Kartoffeln keinen Einfluss hatte. Während NIR-Untersuchungsmethoden bei der Arcrylamidbestimmung nicht nutzbar waren, konnte über eine selbst entwickelte Farbskala ein logarithmischer Zusammenhang zwischen der Backfarbe der Chips und dem Acrylamidgehalt abgeleitet werden. Hier werden Möglichkeiten für die Entwicklungen eines entsprechenden Schnelltestes gesehen.

    Zur Verbesserung der polygenisch vererbten Nassfäuleresistenz wurden von Frau Dr. Wegener mittels Gentechnik Pektatlyase-Expressionen geschaffen, bei denen die Abwehrreaktionen der gesamten Pflanze angesprochen werden. Die Selektion der transgenen Nachkommen umfasst neben der Nassfäuleresistenz auch mehrere agrotechnische Parameter. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Suche nach einer geeigneten Prüfmethode für die Differenzierung der Sorten und Stämme hinsichtlich Ihrer Reaktionszeit auf einen Erwinia-Befall. Frau Dr. Thieme stellte ihre Ergebnisse bei der Nutzung biotechnologischer Verfahren für die Erzeugung und Selektion kombinierter Resistenzen, insbesondere gegen Viren, Phytophthora, Kartoffelkäfer und Blattläuse vor. Dabei werden interspezifische somatische Hybriden erzeugt und auf ihre Resistenzen hin untersucht.

    Herr Dr. Darsow berichtete über seine mehrjährigen Arbeiten zum „prebreeding“ bei der Kartoffel im ILK. Dabei stehen die Entwicklung von züchterisch adaptiertem Keimplasma mit Phytophthora-Resistenz sowie die Kombination von Phytophthora- und Globodera pallida-Resistenz mit unterschiedlichen Qualitätskriterien im Vordergrund. Die Ergebnisse dokumentieren eine zunehmend höhere Speisequalität und eine verbesserte Nematodenresistenz der phytophthoraresistenten Stämme, während gleichzeitig die genetische Diversifikation im Zuchtaufbau beibehalten werden konnte. Über die Erfahrungen bei der Nutzung dieses Materials in der Sortenzüchtung berichtete Herr Dr. Hofferbert, BNA, Ebstorf. Die Evaluierungen bei den deutschen Züchtern ergaben eine insgesamt gute Übereinstimmung der Institutsbeurteilungen mit den Züchtererfahrungen, wenn auch in einzelnen Merkmalen noch Unterschiede bestehen. Daher ist es nicht überraschend, dass im Durchschnitt jeder zweite Kreuzungspartner bei der Phytophthora-Resistenzzüchtung auf BAZ-Material basiert und die Fortsetzung dieser Arbeiten als besonders wichtig eingestuft wird. Dabei wird eine stärkere Ausrichtung des BAZ-Materials auf das spätere Verwertungsziel (Speise, Veredelung, Stärke) gewünscht. Die Erstellung von resistentem Grundlagenmaterial und das Einbringen dieser Resistenzquellen in die Sortenzüchtung sollten ein gemeinsames Interesse der BAZ und der Züchter sein. Nur so werden sich Erfolge (Sorten) mit dem Anspruch „gesunder Pflanzen“ für eine ökologisch verträgliche, nachhaltige Landbewirtschaftung finden lassen. Damit dieses Ziel nicht verfehlt wird, wünschen sich die Kartoffelzüchter dringlich eine Wiederbesetzung der wissenschaftlichen Züchterstelle für den Bereich Solanaceen (Dr. Darsow). Dabei sollte eine Einarbeitung zeitnah erfolgen, um vorhandene Erfahrungen nicht zu verlieren.

    Bei der abschließenden Besichtigung des Versuchsfeldes stellte Frau Dr. Balko einen Anbauversuch zum Trockenstressverhalten von Kartoffeln vor. Im Kartoffelzuchtgarten demonstrierte Herr Dr. Darsow eine Vielzahl von Kreuzungen mit interessanten Merkmalskombinationen.

    (Dr. R. Peters, Dethlingen)

  • Bericht der Vortragstagung der AG Kartoffelzüchtung und Pflanzguterzeugung am 17./18. November 2004 in Göttingen

    – > 60 Teilnehmer –

    Organisation und Leitung:
    Dr. H.-R. Hofferbert, Ebstorf

     Der Vorsitzende der AG, Dr. Hofferbert, begrüßte die Teilnehmer und führte als Moderator in das Programm des ersten Halbtages ein. Den Anfang machte Dr. Hallmann, BBA Münster, mit einem Überblick über die aktuelle Befallssituation bei Meloidogyne chitwoodi und Meloidogyne fallax in Europa und Deutschland. Dabei unterstrich er die sehr niedrigen Schadschwellen bei diesen Erregern, die sich auch noch im Lager weiterentwickeln können. Anschließend fasste Dr. Niere, BBA Münster, die wesentlichen Auswirkungen der in Überarbeitung befindlichen EU-Richtlinie für Kartoffelnematoden hinsichtlich des Bereiches Prüfung und Bewertung der Resistenz von Kartoffelsorten zusammen. Intensive Diskussionen gab es danach um die Bodenmenge bei der Probenahme, die zukünftig einheitlich bei 150 ml/ha liegen und durch 100 Einstiche/ha gewonnen werden soll. Zudem wurde eine EU-weite Vereinheitlichung der Resistenzbewertung im Rahmen der Wertprüfung sowie die Umsetzung eines amtlichen Bekämpfungsprogramms auf befallenen Flächen vereinbart.

    Einen Überblick über die Biologie und die Schadbilder des Gewöhnlichen und des Netzschorferregers sowie mögliche Konsequenzen für die Schorfresistenzprüfung gab Dr. Niepold, BBA Braunschweig. Mit einem Biotest an Radieschen, die über eine Resistenz gegen Netzschorf verfügen, lassen sich die beiden Schorfarten schnell und sicher unterscheiden. Zurzeit werden bei der BBA Kartoffelsorten nur auf ihre Anfälligkeit gegenüber Gewöhnlichem Schorf bonitiert. Aber in einigen westeuropäischen Ländern ist in den letzten Jahren ein vermehrtes Auftreten von Netzschorf beobachtet worden.

    Über den Einsatz der maschinellen Kühlung bei Pflanzkartoffeln berichtete Herr Schorling, KTBL-Versuchsstation Dethlingen. Neben grundlegenden Hinweisen zur Planung und zum Betrieb solcher Anlagen wurden auch erste Ergebnisse eines Lagerungsversuchs mit mehreren unterschiedlich keimfreudigen Sorten vorgestellt. Eine weitere Möglichkeit zur Qualitätserhaltung von Pflanzkartoffeln während der Lagerung könnte der Einsatz von natürlichen Keimhemmungsmitteln sein, deren Wirkung reversibel ist; solche Mittel sollen unter bestimmten Bedingungen sogar später auch zu einem höheren Knollenansatz führen können. Jedoch wird ihre Akzeptanz in der Praxis auch von den damit verbundenen Kosten abhängig sein. Über einen Verfahrensvergleich unterschiedlicher Kistenfüllsysteme unter den Gesichtspunkten Arbeitsbedarf, Knollenbeschädigung und Kosten berichte Dr. Peters, KTBL Dethlingen. Die Ergebnisse hingen in hohem Maße von der Dimensionierung der Großkisten ab; die wenig-sten Knollenbeschädigungen entstanden in flachen Kisten mit einer großen Grundfläche. Demgegenüber erhöhten die stationären Kistenfüller die Beschädigungswerte nur in geringem Maße und ohne eindeutige Unterschiede des jeweiligen Systems.

    Zu den rechtlichen Fragen um Umgang mit gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut nahm Herr Herrlinger, BDP Bonn, Stellung. Anhand praxisbezogener Beispiele verdeutlichte er das Zusammenwirken der unterschiedlichen nationalen und internationalen Rahmenbedingungen. Als Folge sind in Deutschland weitere Hemmnisse beim versuchs- und praxisbezogenen Anbau von GMOs zu erwarten, die hinsichtlich dieser Züchtungsmethodik die Wettbewerbsfähigkeit weiter beeinträchtigen werden.

    Vor dem Hintergrund der sich auch bei Bioprodukten verändernden Verzehrsgewohnheiten stellte Herr Th. Haase, Gesamthochschule Kassel/Witzenhausen, den Einfluß der Düngung und Sortenwahl auf den Ertrag und die Qualität ökologisch erzeugter Verarbeitungskartoffeln vor. Alle Varianten führten im Anbaujahr 2003 zu verarbeitungsfähigen Chips, wobei sich die Düngungsvarianten nicht unterscheiden ließen. Während der Lagerung kam es in den Knollen zu einer deutlichen Anreicherung des Gehaltes an reduzierenden Zuckern, jedoch ohne dass dieser einen eindeutigen Einfluß auf die Backfarbe erkennen ließ. Dr. Nitsch, Landwirtschaftskammer Hannover in Bremervörde, verglich mehrjährige eigene Versuchsergebnisse zum Aufnahmeverlauf von Makro- und Mikronährstoffen in Kartoffelpflanzen mit Literaturdaten und zeigte dabei standortbedingte Unterschiede auf. Einen wesentlichen Einfluß auf die Nährstoffaufnahme hatten Niederschlagsmenge und -verteilung in der Vegetationsperiode. Die bei der Applikation von Blattdüngern in gestressten Beständen erwartete Ertragsstabilisierung wurde in diesen Versuchen nicht bestätigt; sie war teilweise noch schlechter.

    Über umfangreiche Untersuchungen zur Virusverteilung in Knollen und Pflanzen an primär oder sekundär infizierten Pflanzen berichtete Dr. Kürzinger, LFA Gülzow. Augenstecklinge ließen sich ohne einen Verlust der Aussagekraft sowohl aus dem Kronen- und Nabelende als auch aus der Mitte der Knollen gewinnen, und auch bei den Augenstecklingen selbst war der Virusnachweis mit allen Pflanzenteilen möglich. Jedoch weisen die einzelnen Knollen derselben Staude eine erhebliche Nachweisbreite auf, die besondere Aufmerksamkeit bei der Probennahme erfordert. In ihrem folgenden Vortrag konzentrierte sich Frau Dr. Lindner, BBA Braunschweig, auf die Verbreitung des PVY NTN. In den letzten Jahren war eine zunehmende Dominanz der PVY N-Stämme gegenüber den PVY°-Stämmen zu verzeichnen. Gleichzeitig nahm beim PVY N der Anteil des PVY NTN-Stammes auf über 90 Prozent zu. Allerdings hatte eine höhere Anfälligkeit einzelner Sorten gegenüber PVY NTN nicht automatisch auch einen höheren Anteil an Knollennekrosen im Erntegut zur Folge.

    Die Veränderungen in der ernährungsphysiologischen Bewertung von kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln, wie Brot oder Kartoffeln, die in den USA und in Westeuropa mit der verstärkten Akzeptanz von Glyx-Diäten verbunden sind, können nach Auffassung von Dr. Haase, BFEL Detmold, nicht negiert werden. Die diesen Diäten zugrunde liegende Bewertung der Nahrungsmittel nach ihrem Glykämischen Index (GI), d.h. der durch das untersuchte Nahrungsmittel ausgelösten Blutzuckererhöhung, ist nach Meinung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nur mit vielen Einschränkungen anwendbar. Aber vor allem amerikanische Wissenschaftler nutzen diesen GI zu einer Neustrukturierung der Ernährungspyramide und tragen damit zu einem merklichen Verzehrsrückgang auch bei Kartoffeln bei. Aussagen zur Bewertung europäischer bzw. deutscher Kartoffelsorten hinsichtlich ihres GI liegen zurzeit noch nicht vor; sie wären jedoch für eine sachliche Aufarbeitung dieses Themas von grundlegender Bedeutung.

     (H.R. Hofferbert, Ebstorf; R. Peters, Dethlingen)