Archiv Berichte AG 19

  • Bericht zur GPZ-Tagung der AG 19 „Obst, Gehölze, Reben“ am 25. und 26. Oktober 2021 an der Hochschule Geisenheim Universität

    -21 Teilnehmer –

    Unter Einhaltung der geltenden Corona-Regelungen wurde die GPZ-Tagung 2021 der AG „Obst, Gehölze, Reben“ als Präsenzveranstaltung am Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim University durchgeführt.

    Am 25.10.2021 begann die Tagung mit einer Session zu Reben. Zu Beginn berichtete Nagarjun Malagol vom Institut für Rebenzüchtung des Julius Kühn-Instituts (JKI-ZR) über eine Machine Learning-basierte Hochdurchsatzmethode zur Auswertung von Inokulationsexperimenten mit Falschem Mehltau bei der Rebe. Anschließend berichtete Dr. Romain Scalone von der Hochschule Geisenheim University von Fortschritten beim Screening wilder Vitis-Arten auf Widerstandsfähigkeit gegen den Falschen Mehltau und auf das Vorhandensein von Resistenzloci in diesen Wildarten. Ein Werkzeug zur erleichterten Phänotypisierung im Freiland stellte Dr. Franco Röckel vom JKI-ZR im Anschluss vor. Mit der PhenoApp wird die mobile Datenaufnahme mit Hilfe eines Android-basierten Geräts wesentlich vereinfacht und lässt sich darüber hinaus auf alle relevanten landwirtschaftlichen Kulturen anpassen. Dr. Katja Herzog (JKI-ZR) stellte die neuesten Erkenntnis zur sensorgestützten Phänotypisierung physikalischer Barrieren als Werkzeug für die Bestimmung von Botrytis-Widerstandsfähigkeit bei Reben vor bevor Rebecca Höfle vom JKI-ZR über ein sensorgestütztes Laborscreening zur Bestimmung der Sonnenbrandresistenz von Trauben berichtete. Anschließend berichtete Nele Bendel (JKI-ZR) über den Einsatz von Sensoren zur Bewertung genetischer Ressourcen und neuer Rebsorten. Den Abschluss der Reben-Session machte Dr. Sophia Müllner vom JKI-ZR, die über cytologische Untersuchungen bei der Infektion von Reben mit dem Falschen Mehltau in Abhängigkeit des Resistenzlocus Rpv12 berichtete.

    Dr. Tobias Brügmann (Thünen-Institut für Forstgenetik, TI) leitete anschließend die Session zu den Gehölzen ein. Er berichtete von den Fortschritten und aktuellen Arbeiten zur Genomeditierung mit CRISPR/Cas in Pappeln. Ein ähnliches Thema behandelten auch die folgenden zwei Vorträge, die am 26.10. die Vortragsreihe fortsetzten: Virginia Zahn (TI) stellte ihre Arbeiten zur HDR-basierten Genomeditierung in Pappeln vor und Alexander Fendel (TI) berichtete von seinen Arbeiten zur Steigerung der Trockenstresstoleranz in Pappeln mittels Genomeditierung. Im Anschluss daran startete die Session „Obst“ und als erster Vortragender konnte Dr. Thomas Wöhner vom Institut für Züchtungsforschung an Obst (JKI-ZO) über die neuesten Erkenntnisse zur Evolution der Sauerkirsche, die mit Hilfe von Next Generation Sequencing gewonnen wurden, berichten. Danach berichtete Dr. Ofere Francis Emeriewen (JKI-ZO) über Kandidatengene aus Malus fusca und Malus arnoldiana, die Resistenzen gegen den Feuerbrand bei Apfel vermitteln könnten. Dr. Susan Schröpfer (JKI-ZO) stellte anschließen neue S-Allele bei der Süßkirsche vor, die auch mit Hilfe von Next Generation Sequencing-Ansätzen identifiziert wurden, vor. Zum Abschluss der Tagung zeigte Dr. Janne Lampe äußerst interessante Ansätze zur Untersuchung der Dormanz bei Äpfeln auf.

    Nach zwei spannenden Tagen ging die lange vermisste Möglichkeit zum wissenschaftlichen Austausch abseits von Webcams und Headsets zu Ende und die Teilnehmer machten sich mit neuen Ideen und Kontakten auf dem Heimweg.

    Zusammenfassung von Dr. Oliver Trapp und Prof. Dr. Reinhard Töpfer

  • Bericht des Treffens vom 23./24. Oktober 2007 in Dresden-Pillnitz

    – 34 Teilnehmer –

    Organisation:
    Dir. u. Prof. Dr. Reinhard Töpfer, Siebeldingen

    Zu einem fassettenreichen Programm, organisiert vom Institut für Obstzüchtung der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ), traf sich die AG in diesem Jahre in Dresden-Pillnitz im Seminarraum der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Einleitend stellte die Institutsleiterin, Frau Dir. u. Prof. Dr. Viola Hanke, Aufgaben und Arbeitsgebiete des Instituts vor. Den Schwerpunkt bildet die Integration von klassischen Züchtungsansätzen mit molekularen und biotechnologischen Verfahren. Dabei sind in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte erzielt worden, die im Ergebnis in den kommenden Jahren auch zu verbesserten neuen Sorten führen werden. Die anschließenden 14 Vorträge betrafen verschiedene Themen:

    Zuchtmethodik: Unter der Überschrift „Von annuell zu pereniell – von Selbstbefruchtern zu Fremdbefruchtern“ erörterte Jens Léon, Universität Bonn, als ein bisher in der Zuchtwertschätzung zu wenig beachtetes Problem die Verwandtschaftsbeziehungen der Eltern. Diese werden meistens nicht zuletzt auf Grund der unbalancierten Datenstruktur in der Züchtung nur unzureichend genutzt.

    Apfel: In der privaten „Züchtungsinitiative Niederelbe“ (ZIN) wird, wie Frau Jonas vorstellte, die Entwicklung und Vermarktung neuer Obstsorten exklusiv durch die Mitglieder der Initiative angestrebt. Im Bewusstsein der langen Züchtungsdauer wird aufgrund der begrenzten Möglichkeiten ausschließlich klassische Kreuzungszüchtung betrieben und anerkannt, dass der Weg zu marktfähigen Sorten viele Jahre der Vorlaufarbeit erfordern wird.

    Peter Braun präsentierte die „Züchtung von kolumnaren Apfelbäumen“ als Schwerpunkt des Fachgebiets Obstbau in der Fachhochschule Geisenheim. Anschaulich und kritisch setzte er sich mit den verfügbaren Sorten auseinander. Nach seiner Einschätzung besitzen Kolumnare nicht nur eine Perspektive als Solitärpflanzen im kleinen Haus- und Ziergarten. Sie sind auch im Obstbau als Tafel- und Mostobst bei Pflanzdichten von 6500-7000 Pflanzen je ha in besonderer Weise für eine Mechanisierung geeignet. Neben einigen offenen Wünschen hinsichtlich geeigneter Sorten müssen vor allem Erfahrungen zur Nutzungsdauer der Anlagen gesammelt werden.

    Es folgten drei Vorträge über Arbeiten zur Apfelzüchtung im Institut für Obstzüchtung in Dresden. Andreas Peil stellte Methodik und Verfahren der Feuerbrandselektion vor. Die Ergebnisse erwiesen sich als gut reproduzierbar. Unter anderem konnte ein QTL für Feuerbrandresistenz aus der Wildart Malus robusta auf Kopplungsgruppe 3 bestätigt werden.

    Frank Dunemann berichtete über Schorfresistenz des Apfels, für die zahlreiche Gene bekannt sind. Mit degenerierten Primern auf Basis des HcrVf1-Gens wurde in verschiedenen Apfel-Genotypen nach Resistenzgen-Analoga (RGA) gesucht. Die erhaltenen Fragmente wiesen zwischen 85 % und 100 % Homologie auf. Bearbeitet werden derzeit zwei Kandidatengene, Vf1RSA und Vf2ARD, die sich auf Kopplungsgruppe 1 wieder finden ließen.
    Henryk Flachowsky sprach über „Isolierung und Charakterisierung von Blütengenen des Apfels“. Mit diesen Arbeiten soll eine Beschleunigung der Züchtung durch Verkürzung der juvenilen Entwicklungsphase erreicht werden. Die Überexpression eines Kandidatengens, MdFT, in Arabidopsis führte zu einer 4-7 Tage früheren Blüte. Das MADS4-Gen der Birke führte in transgenen Äpfeln ebenfalls zu einer Blühverfrühung.

    Pflaume: In seinem dynamischen Vortrag beschrieb Michael Neumüller, TU München-Weihenstephan, seine Forschungsarbeiten zur Scharkavirus-Resistenz von Pflaumen. In Zukunft wird nur noch in Weihenstephan an Pflaumen gearbeitet werden; das Material aus Hohenheim von Prof. Hartmann, der bald in Ruhestand tritt, soll nach Weihenstephan überführt werden. Im Zentrum des Berichts stand die Untersuchung von Hypersensibilitätsreaktionen. Neumüller konnte bei der Analyse von mehr als 2000 Akzessionen der europäischen Pflaumen nach Pfropftest unterschiedliche Hypersensibilitätsklassen nachweisen. Als Kriterium dienten nekrotische Reaktionen an der Veredlungsstelle, die zum Absterben der Triebspitze führen. Mittelfristig ist das Ziel eine Aufklärung der Genetik dieser Reaktionen.

    Erdbeere: Fruchtqualität ist das höchste Zuchtziel, aber auch eines der komplexesten Merkmale. Wilfried Schwab von der TU München-Weihenstephan stellte die biochemischen Grundlagen der Aromastoffbiosynthese der Erdbeerfrucht dar. Mit seinen eleganten Forschungsansätzen konnte er wesentliche Beiträge zur Aufklärung einzelner Schritte der Aromabildung zeigen. Dieses Verständnis gilt es künftig zu erweitern und züchterisch umzusetzen.

    Aus züchterischer Sicht beleuchtete Klaus Olbricht aus dem Pillnitzer Institut die Aromaausprägung verschiedener Erdbeersorten. Mit der Züchtung auf höheren Ertrag ging ein Verlust von Aromaestern einher, da diesem Merkmal in der Vergangenheit zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Heute können die Qualitätsparameter mit verschiedenen Analyseverfahren präziser erfasst und die Ergebnisse zur Selektion genutzt werden.

    Rebe: Leocir Welter vom Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof in Siebeldingen stellte seine Arbeiten zur Isolierung und funktionellen Charakterisierung von Resistenzgen-Analoga (RGA) vor. Ein Experiment mit durch Falschen Mehltau infizierten Reben führte zu einem Genfragment, das in die Klasse der RGA fällt. Die Isolierung des korrespondierenden Gens auf einem BAC-Klon führte zu drei eng verwandten RGAs. Ihre Expression in Reben konnte jedoch bisher nicht mit Resistenz gegen Falschen Mehltau korreliert werden.

    Resistenzmechanismen können unterschiedlich geartet sein. Von einer physikalischen Barriere gegenüber Botrytis berichtete Achim Schmitt von der Universität Giessen, der in Kooperation mit dem Geilweilerhof die Lockerbeerigkeit mit Vitis-Microarrays untersucht. Das Vorhaben ist Teil eines Verbundprojektes mit der Forschungsanstalt Geisenheim und der Universität Hohenheim. Im Vergleich eines lockerbeerigen und eines kompakten Klons der Spätburgunderrebe konnte eine differenzielle Genexpression dargestellt werden. Die Gene mit größten Genexpressionsschwankungen zwischen den Klonen wurden in quantitativer Real-Time PCR überprüft. Kandidatengene, deren Genexpression reproduziert werden konnte, sollen an weiteren lockeren/kompakten Klonen auf Assoziation zum Merkmal untersucht werden.

    Über Arbeiten am Geilweilerhof zur Resistenz gegenüber Echtem Mehltau trug Stefan Ebert vor. In einem „map based cloning“-Ansatz soll der Resistenz-Locus auf Chromosom 15 der Sorte ’Regent’ isoliert und sequenziert werden. Durch Erweiterung der Kreuzungspopulation ’Regent’ x ’Lemberger’ und Nutzung der seit 2007 verfügbaren Genomsequenzdaten der Weinrebe konnte der Locus auf ca. 7 cM eingeengt werden, was etwa 2100 kb entspricht. Die Isolierung von BAC-Klonen hat begonnen. Ein erster BAC aus dem Zentrum des Locus trägt mehrere RGA.
    Forstgehölze: Vom Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung in Großhansdorf berichtete Matthias Fladung über die „Domestikation“ von Bäumen. Hinsichtlich der Zuchtziele Holzertrag und Holzqualität (Nutzung für Papier, Verarbeitungs- und Energieholz) sind die Anforderungen verschieden. Überdies ist wegen der langen Generationszeiten der Waldbäume der Zeitfaktor ein großes Problem und kürzere Generationszeiten für die Züchtung höchst erwünscht. Aber anders als beim Apfel führte das MADS4-Gen bei transgenen Pappeln nicht zu früherer Blüte, sondern im Gewächshaus zu immergrünen Bäumen.

    Über die „Erzeugung und Nutzung diploider Pollen in Gehölzen“ mit dem Ziel einer Erzeugung triploider, ertragreicher Energiepflanzen berichtete Dietrich Ewald vom Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung in Waldsieversdorf. Nach Wärmebehandlung während der Pollenentwicklung wurden bei der Pappel bis 80 % diploide Pollen festgestellt.

    Weitergehende Gelegenheit zur Diskussion bot sich am Abend. Nach einem Rundgang durch die herbstliche Altstadt Dresdens klang der erste Halbtag des Treffens im Böhmischen Brauhaus in gemütlicher Runde und bei guten Gesprächen aus. Mit einem herzlichen Dank an Andreas Peil und seine Kollegen für die exzellente Organisation der Tagung, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Obstzüchtung für die große Gastfreundschaft und an die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft für die freundliche Überlassung des Vortragsraumes beschloss der AG-Leiter dieses lohnende Treffen.

    (R. Töpfer, Geilweilerhof)

  • Bericht des Treffens vom 18./19. September 2005 in Großhansdorf “Phänotypische und genotypische Analyse von wichtigen Merkmalen in Zuchtmaterial von Obst, Gehölzen und Reben”

    – 26 Teilnehmer –

    Organisation:
    Dr. Bernd Degen, Großhansdorf

    Nach Eröffnung der Tagung durch den AG-Leiter, Dir. u. Prof. Dr. R. Töpfer, begrüßt Dr. Degen als Leiter des Instituts für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung in Großhansdorf die Teilnehmer. Das Institut gehört als Forschungseinrichtung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) mit weiteren 6 Instituten (Forstökologie, Holzphysik, Holzchemie, Holzbiologie, Ökonomie und Weltforstwirtschaft) zur Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft. Es ist an zwei Standorten tätig, d.h. mit etwa der Hälfte der insges. 70 Planstellen in Waldsieversdorf, dem 1947 in Nachbarschaft von Müncheberg/Mark aufgebauten Institut für Forstpflanzenzüchtung. Im gleichen Jahr 1947 war es Dr. Wolfgang Langner (*1906, † 2005) im Westen gelungen, die damalige Zweizonenverwaltung von der Notwendigkeit der Gründung eines Instituts für Forstpflanzenzüchtung zu überzeugen und eine entsprechende Forschungsstelle im Zentralinstitut für Forst- und Holzwirtschaft Reinbeck einzurichten, aus dem später das Institut in Schmalenbeck/Großhansdorf unter seiner Leitung (bis 1970) hervorging. Das heutige Institut des BMVEL hat die Aufgabe, Forschungsarbeiten durchzuführen zur Genetik einheimischer und fremdländischer Baumarten, zur Erhaltung forstlicher Genressourcen, zur Biodiversität von Waldökosystemen, zur Resistenz von Forstbäumen gegen biotische und abiotische Faktoren, zur Forstpflanzenzüchtung und zur biologischen Sicherheit bei gentechnisch veränderten Forstpflanzen. Dabei richten sich Herkunftsversuche derzeit u.a. auf Fragen nach den Folgen und Maßnahmen, die für den Forstbereich aus der globalen Erwärmung zu erwarten sind. Mit molekulargenetischen Methoden wird ebenso betrügerischer Holzhandel wie die Pollenverbreitung im Zuge der Diversitätsforschung verfolgt bis hin zur Entwicklung von Simula-tionsmodellen für Waldökosysteme, um nur wenige Beispiele zu nennen. In der Resistenzforschung (vor allem am Standort Waldsieversdorf) geht es insbesondere um Ursache–Wirkungs-Analysen in Forstbeständen, Zuchtpopulationen und Samenplantagen, und in der forstlichen Genomforschung ist die Arbeitsgruppe von Dr. M. Fladung an vorderster Front in die einschlägigen internationalen Forschungsbemühungen eingebunden.

    Da die aus dem Institut für Obstzüchtung der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) angemeldeten Teilnehmer auf der Autobahn vor Berlin für Stunden im Stau steckten, wurde das folgende Vortragsprogramm kurzfristig umgestellt und mit Vorträgen aus dem Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof der BAZ begonnen. Den Einstieg gab Dr. Töpfer unter „Aktuelle Rebsorten aus der Resistenzzüchtung“. Die um 1845 bzw. 1878 aus Amerika eingeschleppten Krankheiten, Echter Mehltau, Uncinula necator, und Falscher Mehltau, Plasmopara viticola, führten ebenso wie die um 1865 auf demselben Wege eingeführte Reblaus in Europa zu teils desaströsen Schäden. Sie machten den Rebenanbau hier zu der Kultur mit dem bis heute weitaus größten Einsatz an chemischen Pflanzenschutzmitteln. Bei der Reblaus gelang es, die Schäden ab 1900 durch Pfropfrebenanbau auf Unterlagen mit reblausfester Wurzel einzudämmen. Gleichzeitig begann in Frankreich die Entwicklung von Hybridsorten mit amerikanischen Resistenzeltern. Aber bis heute konnten sich solche Kreuzungssorten nicht von dem Makel der anfänglich geringen Weinqualität befreien – zu Unrecht, wie Dr. Töpfer den Teilnehmern am Beispiel der erfolgreichen Rotweinsorte ’Regent‘ und weiteren Sorten aus der Resistenzzüchtung am Geilweilerhof (später am Ende der Vorträge des ersten Halbtages auch durch Verkostung) demonstrieren konnte. ’Regent‘ stammt aus einer Kreuzung des Jahres 1967 zwischen der Weissweinsorte ’Diana‘ (=’Silvaner‘ x ’Müller-Thurgau‘) mit der französischen Rotweinsorte ’Chambourcin‘. Sie erhielt 1994 Sortenschutz und 1996 ihre Klassifikation in allen deutschen Anbaugebieten und erlebte eine rasante Ausweitung der Anbaufläche von 11 ha 1996 auf 2037 ha 2004, d.h. auf rd. 2% der gesamten Rebfläche in Deutschland. Diese bei Winzern ungewöhnliche Akzeptanz belegt am besten ihre Vorteile: wesentlich geringeren Pflanzenschutzbedarf, eine betont frankophile, hohe Weinqualität, eine frühe Reife mit gutem Mostgewicht und damit eine günstige Arbeitsauslastung der Kellertechnik. Anhand ihres Stammbaums, der letztlich 7 Wildarten einschließt, stellte der Referent die Frage nach der Herkunft der Resistenzeigenschaften, die jedoch trotz Nutzung molekularer Marker bislang noch unbeantwortet ist. Als weitere resistente Rebsorten wurden zwei Rotweinreben (’Reberger‘ und ’Calandro‘) und zwei Weißweinreben (’Villaris‘ und ’Felicia‘) aus den Arbeiten des Geilweilerhofes vorgestellt, die in den nächsten Jahren ihre Anbauzulassung erwarten dürfen.

    Als Grundlage für eine verbesserte Resistenz in Vitis vinifera berichtete Frau Dr. G. Neuhaus aus dem Geilweilerhof über ein EU-Projekt, in dem gemeinsam mit spanischen und französischen Wissenschaftlern mit Hilfe von 20 verschiedenen Mikrosatelliten eine Core-Kollektion der Rebe („Core Grape Gene“) aufgestellt werden soll, die möglichst die gesamte genetische Diversität der rd. 9000 Genotypen umfassenden Vitis-Sammlungen aus Madrid, Montpellier und Siebeldingen, d.h. eine maximale Anzahl von Allelen in einer minimalen Anzahl von Genotypen enthalten soll.

    Ein Höhepunkt der Tagung war nach der Kaffee-Pause die Führung von Herrn Dr. G. von Wühlisch durch das Arboretrum des Instituts, dessen insgesamt 22 Hektar im Jahre 1908 rings um das Jugenstil-Landhaus des passionierten Forstliebhabers und Hamburger Reeders George Henry Lütgens (heute Institut) als Landhausgarten im spätlandschaftlichen Stil angelegt wurde. Auch im Eilschritt konnte von dieser einmaligen Anlage nur ein kleiner Ausschnitt gezeigt und trotzdem durch die begeisternden Ausführungen von Herrn Dr. G. von Wühlisch ein nachhaltiger Eindruck von der großartigen Sammlung und den vielen sich hier präsentierenden Forschungsproblemen vermittelt werden.

    Inzwischen waren die 3 verspäteten Teilnehmer aus dem Institut für Obstzüchtung Dresden zur Stelle und folgten mit Ihren Vorträgen: Dr. M. Schuster stellte Kreuzungsexperimente und molekulargenetische Untersuchungen zur Analyse der Selbststerilitätsallele in Süßkirschensorten vor, von denen in 114 Sorten mit verschiedenen PCR-Primern 27 verschiedene Inkompatibilitätsgruppen nachgewiesen werden konnten. Dr. F. Dunemann zeigte entsprechende Untersuchungen über Resistenzgene gegen den Apfelschorf, Venturia inaequalis, denen wegen neuer Virulenz gegen die seit 50 Jahren verwendete V f-Resistenz hohe wirtschaftliche Aktualität zukommt. Von derselben Brisanz ist die Resistenzzüchtung gegen den Feuerbrand beim Apfel, für die Dr. A. Peil die Genbank in Pillnitz eingehend mit molekularen Methoden durchmusterte und erste Resistenzgene mittels SSR-Markern sowie einer Multiplex-PCR (im Forschungszentrum Seibersdorf bei Wien) in der Genomkarte der Rebe zu kartieren begann.

    Am nächsten Morgen präsentierte Frau Dr. E. Zyprian unter dem unauffälligen Titel „Ermittlung der genetischen Faktoren der Pilzresistenz bei der Weinrebe“ einen überaus eindrucksvollen Überblick über den derzeitigen Stand der Genomforschung bei der Rebe, an der sie selbst und ihre Arbeitsgruppe in Siebeldingen international nicht geringen Anteil hat. Der Berichterstatter kann nur hoffen, dass ihre detailreichen Angaben über die Entwicklung und Nutzung molekularer Marker zur Charakterisierung verschiedener Resistenzgene, zur Pyramidisierung von Resistenz im Rahmen von Marker-gestützter Selektion (MAS), über Abstammungsanalysen, positionsgestützte Klonierung und Assoziationsstudien bald in „Vorträge für Pflanzenzüchtung“ gedruckt und wie vorgesehen allen Interessenten verfügbar gemacht werden können.

    In der Tat gilt Entsprechendes auch für die vorhergehenden wie die nachfolgenden Vorträge dieser Tagung. Dr. Töpfer erläuterte zur „Analyse von Kandidatengenen für die Biosynthese von Anthocyanidin-3,5-Diglucosiden bei der Rebe“ die entsprechende Biogenesekette der Rotweinfarbstoffe und zeigte, dass die simple Zuordnung: „klassische Rebsorten mit Malvidin-Monoglucosid machen gute Weine, Hybridsorten mit Malvidin-Diglucosid machen schlecht schmeckende Weine“ wieder einmal nicht zutrifft; denn dem klassisch gezüchteten ’Lemberger‘ fehlt das Monoglucosid und ’Regent‘ besitzt es trotz seiner inzwischen vielfach nachgewiesenen guten Weinqualität. In noch laufenden Untersuchungen konnte mittels Kandidatengen-Ansatz das in der Rebe für die Malvinsynthese zuständige Gen mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert werden.

    Die Vortragsreihe schloss mit drei Beiträgen aus dem gastgebenden Institut: Dr. von Wühlisch berichtete über Ergebnisse von 30 Jahren erfolgreicher Pappelzüchtung in Großhansdorf und Waldsieversdorf. In dieser Zeit wurden weltweit über Kreuzungen, Rückkreuzungen und auch Drei-Artenkreuzungen hochgradig heterotische Hybridklone entwickelt, unter denen sich diejenigen aus Populus tremula x P. tremuloides asiatischer und amerikanischer Herkunft im Anbau sowohl für die Energie- als auch die Rohstofferzeugung am besten bewährten. Als ein weiteres eindrucksvolles Beispiel erfolgreicher Forstpflanzenzüchtung demonstrierte Dr. V. Schneck die Züchtungsergebnisse in Hybridlärchen-Versuchen, die parallel in Waldsieversdorf (W) und von W. Langner bei der F. von Lochow-Saatzucht in Petkus (P) durchgeführt wurden. Die an beiden Orten verschiedenen Ansätze eines unvollständigen Diallels (W) bzw. Topcross (P) zwischen japanischen und europäischen Herkünften führten in beiden Fällen zu deutlich überlegener Leistung der Hybriden, wobei im ersteren Fall eine bessere Wuchsform resultierte. In eingehenden molekularen Untersuchungen entwickelte Dr. M. Fladung SNP-Marker in putativ-anpassungsrelevanten Genen, die er in zwei Beispielen, einer Polyphenol-oxidase bei der Pappel und einem Transgen in der Buche für einen Ethylen-Rezeptor aus Arabidopsis demonstrierte. Eine Besichtigung der Labors für diese anerkannt kompetenten Arbeiten zur molekularen Forstpflanzengenetik in dem 40 Jahre nach seinem Bau noch immer modern anmutenden Laborgebäude des Instituts war der krönende Abschluss dieses informativen, anregenden Treffens.

    Zuletzt wurde nochmals bekräftigt, dass man eine Drucklegung der Vorträge dieser Tagung möglichst noch vor Ende 2005 begrüßen würde, und man kam überein, die nächste Tagung in zwei Jahren Ende September 2007 im Institut für Obstzüchtung der BAZ in Dresden-Pillnitz vorzusehen.

    (G. Röbbelen, Göttingen)

  • Bericht der Vortragstagung mit Besichtigung im Institut für Rebenzüchtung, Geilweilerhof, der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) vom 9./10. September 2003 in Siebeldingen “Züchtung von Forstpflanzen, Obst und Reben”

    – 24 Teilnehmer –

    Organisation:
    Dir. u. Prof. Dr. Reinhard Töpfer, Siebeldingen

    Prof. Töpfer begrüßte die Teilnehmer und regte an, dass sich zu Beginn rund um den Tisch jeder der Anwesenden selber kurz vorstellt – ein nützlicher Auftakt für den intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch, der sich in den folgenden 24 Stunden unter diesen Vertretern verschiedenster Arbeitsrichtungen, wie klassischen Züchtern und Molekularbiologen, Forst-, Obst- und Rebenzüchtern, zwanglos und fruchtbar entwickelte.

    Aus der sehr erfolgreichen Züchtungsarbeit seiner Vorgängerin, Frau Prof. C. Fischer, Pillnitz, stellte Dr. A. Peil, BAZ Dresden-Pillnitz, 6 neue Apfelsorten vor. Von diesen präsentieren ‘Pinova’ und ‘Pisaxa’ wichtige Fortschritte in Eigenschaften des Anbauverhaltens, der Fruchtqualität und der Ertragsleistung, während sich die 4 weiteren sogen. „Re“-Sorten durch zusätzliche, teils multiple Krankheitsresistenz auszeichnen. Eindrucksvoll beschrieb er das Ereignis einer Feuerbrand-Epidemie in diesem Jahre im Pillnitzer Versuchsfeld, der in wenigen Tagen 467 Birnbäume und rd. 3% aller Apfelbäume zum Opfer fielen und die die Priorität einer diesbezüglichen Resistenzzüchtung unwiderlegbar veranschaulichte. Hinsichtlich der Züchtungsstrategie erörterte der Vortragende u. a. die Frage nach einer optimalen Sortenanzahl, die beim Apfel nötig ist, um den verschiedenen Nutzungsrichtungen zureichend zu entsprechen.

    Auch bei der Weinrebe begann die Resistenzzüchtung wie beim Apfel schon vor dem 2. Weltkrieg im Kaiser-Wilhelm-Institut für Züchtungsforschung in Müncheberg. Da die wichtigsten Schaderreger mit den Reben zusammen aus Amerika eingeschleppt wurden, lag es nahe, nach Resistenz in amerikanischen Vitis-Wildarten zu suchen. Hauptziel der Einkreuzung war die Entwicklung von Resistenz gegen den Echten und den Falschen Mehltau sowie gegen die Reblaus. Im Geilweilerhof werden, wie Prof. Töpfer berichtete, jährlich rd. 50.000 Sämlinge aus Kreuzungen aufgezogen, anfänglich überwiegend aus Kombinationen von anfälligen Kulturreben-Sorten x Wildarten bzw. deren Nachkommen, ab 1983 dann zunehmend auch aus Kreuzungen von resistenten Stämmen untereinander. Als ein besonders erfolgreiches Beispiel der Resistenzzüchtung auf dem Geilweilerhof beschrieb er die Entwicklung der roten Rebsorte ‘Regent’ durch seinen Vorgänger Prof. G. Alleweldt aus: [‘Silvaner’ x ‘Müller-Thurgau’ (=‘Diana’)] x ‘Chambourcin’ (als Resistenzelter), die letzte Kreuzung 1967, ausgepflanzt ins Sämlingsquartier 1969, ab 1972 Prüfungen von Krankheits- und Frostresistenz, Traubeneigenschaften  etc. sowie Anbaueignung auf Standorten im gesamten Bundesgebiet; 1994 Erteilung des Sortenschutzes; 1996 Eintragung in die Sortenliste, danach Klassifizierung für die einzelnen Erzeugergebiete, heute im Anbau bereits auf ca. 1200 ha: eine ungewöhnlich erfolgreiche Karriere, für die der reduzierte Pflanzenschutzbedarf, die mittleren Standortansprüche und die hohe Qualität des erzeugten Rotweins entscheidend sind.

    Bekanntlich sind Forstpflanzen und insbesondere Koniferen für die in-vitro Zell- und Gewebekultur schwierige Objekte. Umso staunenswerter sind die Ergebnisse, die Dr. K. Zoglauer, Humboldt-Universität Berlin, erreichen konnte. Der Schlüssel für die erfolgreiche somatische Embryogenese war die Verwendung von unreifen Embryonen aus Samen, die in Suspensionskultur in Cytokinin-haltigem Medium in großer Zahl aus Epidermisgewebe Proembryonen bilden, die anschließend auf festem „Konversionsmedium“ hormonfrei und mit PEG zu Pflanzen  entwickelt werden können. Die Pflanzen aus einem Embryo bilden genetisch eine homogene Klonpopulation; aber jeder Klon ist wegen der Heterozygotie der Eltern genetisch verschieden. Deshalb wird Stammmaterial von jedem Klon kryokonserviert aufbewahrt, während u. U. über mehr als 10 Jahre Feldprüfungen zur Auslese von geeigneten Genotypen durchgeführt werden, mit denen danach eine Vermehrung aus dem tiefgefroren überlagerten Material aufgebaut werden kann. Dieses Verfahren, das beginnend um 1985 heute in industriellem Maßstab genutzt wird (die Firma CellFor Inc. Canada besitzt Zehntausende solcher Kryostämme), ermöglicht ggf. auch molekularen Gentransfer und in jedem Falle eine effiziente Selektion auf wichtige Holzeigenschaften (z.B. Ligninanteil), Pathogen- oder Herbizidtoleranz oder auch eine gezielte Vermehrung von Weihnachtsbäumen (10 Mio. Nordmannstannen/Jahr in D).

    Von nicht weniger faszinierenden Ergebnissen handelten die folgenden Vorträge über die Erzeugung haploider Pappeln (Populus nigra) (F. Deutsch, BFA Forst- u. Holzwirtschaft, Großhansdorf) durch in-vitro Pollenkultur; die molekulare und immunologische Charakterisierung des Hauptallergens der Kirsche (Andrea Matt, Dienstleistungszentrum ländlicher Raum, DLR, Neustadt), mittels derer die Expression des Allergens auch in Blättern und somit eine züchterische Frühselektion in trangenem (antisense) Material möglich wurde; Etablierung von Virusresistenz durch rekombinante Antikörper in transgenen Reben (P. Cobanov, Zentrum Grüne Gentechnik, Neustadt), die eine Virusvermehrung auf verschiedene Weise unterbinden: als vollständige Viren oder durch Hemmung der Virus-Polymerase, des Hüllproteins oder des ‘movement’-Proteins. In diesem Jahre besonders aktuell war das Thema „Trockenresistenz bei Reben“, zu dem Prof. H. Düring, Geilweilerhof, einen ganzen Strauß physiologischer Forschungsergebnisse aus seiner langjährigen Erfahrung mit der Rebe vortrug: Osmotische Anpassung durch Zunahme von Monoglucosen (und auch Prolin) und Abnahme von Stärke in den Blättern als langsame Adaptation; (partiellen) Stomaschluss auf der Blattunterseite zur schnellen Regulierung der Photosynthese/Transpirations-Effizienz; Schädigung durch photosynthetische „Überschussenergie“ bei starker Einstrahlung (hoch bei ‘Bacchus’ und ‘Müller-Thurgau’, niedrig bei ‘Regent’); cDNA-Mikroarrays zur Identifiiikation relevanter Genexpression in Blättern von trockengestressten vs. bewässerten Reben.

    Kulturhistorisch wie züchterisch gleichermaßen spannend war der letzte Vortrag des ersten Halbtages von A. Jung, Geilweilerhof, der insgesamt >2500 Rebstöcke in 8 alten Weinbergen im Raum Heidelberg ampelographisch und in Zweifelsfällen auch molekulargenetisch (Mikrosatelliten) untersuchte. Waren Mitte des 19. Jahrhunderts noch >300 Rebsorten bekannt, so führte der Reblauseinbruch nach 1850 zum Ersten und die Flurbereinigung nach 1950 zum Zweiten bedeutenden Verlust an genetischer Variabilität. Von den heute in Deutschland registrierten 91 Rebsorten haben im Anbaugebiet Badische Weinstraße nur 20 überhaupt wirtschaftliche Bedeutung (d. h. >1% der Anbaufläche): aber nur 3 davon finden sich als Hauptsorten im Anbau. Demgegenüber identifizierte Herr Jung in jedem der untersuchten z.T. 200 Jahre alten Weinberge bis zu 60 verschiedene Rebsorten, unter diesen solche wie  der ‘Blaue Elbling’ aus spontaner Kreuzung von ‘Riesling’ x ‘Trollinger’ (Sämling aus den hier aufgepflanzten Elternsorten?) oder der ‘Heunisch’, eine alte Sorte, die bereits als verloren galt. Eine teils massive Virusverseuchung erschwerte nicht nur die phänotypische Sortenbestimmung, sondern macht auch die Erhaltung dieser wertvollen pflanzengenetischen Ressourcen zum Problem. Nur weniges davon konnte bisher in die Kollektion am Geilweilerhof  übernommen werden, die anschließend unter sachkundiger Führung von Prof. Töpfer besichtigt wurde.

    Nach einer Stärkung im Park des alten Weinguts mit Grilladen und schmackhaften Salaten war eine Weinprobe, präsentiert von Prof. Töpfer und seinem erfahrenen Kellermeister, Herrn Lutz, der letzte Programmpunkt des Tages, der die vorherigen theoretischen Darlegungen praktisch untermauerte und belegte, dass auch bei der Rebe moderne Züchtungsarbeit zu besten Qualitäten führen kann, wenn sie nur mit dem erforderlichen Wissen und Geschick zielbewusst und ausreichend langfristig betrieben wird.

    Die 7 Vorträge des nächsten Morgens betrafen die Genom- und Sicherheitsforschung. Mit einer Vorstellung aus dem molekularen Methodenarsenal, das die GATC Biotech Konstanz für moderne Forschungsfragen verfügbar hat, überzeugte Dr. G. Gradl die Teilnehmer, dass eine Vergabe solcher Arbeiten an eine so qualifizierte Firma effizienter sein kann als alle Kinderkrankheiten selbst kurieren zu wollen. Unter anderem machte er das am Beispiel der Erstellung einer cDNA-Bank deutlich, in der im besten Falle jedes Gen eines Organismus (möglichst nur) einmal vorhanden sein sollte, was GATC  Biotech durch „Normalisierung“  oder Subtraktionsverfahren sicher gewährleistet.

    Beispiele für den Stand der Genomanalyse und Entwicklung von Markern bei Apfel und Rebe schlossen sich an: Dr. F. Dunemann, BAZ Dresden-Pillnitz, berichtete, dass das bisher vielfach verwendete Schorfresistenzgen  Vf  aus Malus floribunda, mit dem auch schon transgene Apfelsorten hergestellt wurden, inzwischen durch die virulente Rasse 7 nutzlos geworden ist und heute das Resistenzgen Vr aus einem russischen Sämling eingesetzt wird. Beide wurden chromosomal kartiert und für beide ein kodominanter, multiplex PCR-Marker entwickelt, der sich im praktischen Einsatz bewährte. Auch für Mehltauresistenz wurden kodominante SCAR-Marker entwickelt, die im Sämlingstest im Gewächshaus einsetzbar sind. Vor 1990 war die Rebe als Holzpflanze mit langem Generationsinterval und vielen, sehr kleinen Chromosomen (n=19, nur rd. 500 MBp) genetisch und cytogenetisch kaum handhabbar, und erst das Aufkommen molekulargenetischer Verfahren brachte grundlegenden Wandel, wie Frau Dr. E. Zyprian, Geilweilerhof, am Beispiel der Analyse von zwei Kreuzungen:  ‘Regent’ (res.) x ‘Lemberger’ (anf.) und  Gf.Ga-47-42 (res.) x ‘Villard  Blanc’ (res.) zeigte: Arbeiten zur Herstellung von Kopplungskarten und BAC-Banken, QTL-Analysen und Markerentwicklung für Pilzresistenzen oder Aromastoffe der Beeren, cDNA-display z.B. für den Nachweis von Kandidatengenen zur Verbesserung der Trockenstresstoleranz u.a.m. sind im Geilweilerhof in internationaler Kooperation in vollem Gange.

    Abschließend standen Freisetzungsversuche transgener Holzpflanzen und einschlägige Sicherheitsforschung zur Diskussion: Transgene Äpfel mit Resistenz gegen den bakteriellen Feuerbrand (Gene für Lysozym und Depolymerase) sowie gegen Schorf- und Mehltaupilze (Gene für Endo-  bzw. Exochitinasen), Laufzeit 20 Jahre, 2 Orte (Pillnitz und Quedlinburg), 8 verschiedene Konstrukte in 7 verschiedenen Sorten; jährlich sollen rd. 500  Bäume ausgepflanzt werden. Ziel: Analyse der Stabilität und Vererbung der Transgene u. a. nach Kreuzung transgener Bäume. Stefanie Reim, Pillnitz, berichtete von laufenden Untersuchungen zur Stabilität von Fremdgenen (GUS) in Äpfeln aus in-vitro Regeneration als Unterlagen und als Reis. Bei überwiegend stabiler Transformation fand sie wenige Fälle, in denen offenbar das T-DNA-Markergen verloren gegangen bzw. der Promoter des Transgens methyliert war.

    Über Freisetzungsversuche  mit Forstpflanzen berichtete Dr. Fladung. Im Mittelpunkt der Untersuchungen in Großhansdorf steht auch hier die Pappel mit ihrem rel. kleinen Genom (>3-5x Arabidopsis), dessen vollständige Sequenzierung 2004 erwartet werden darf. Hier gibt es bereits zahlreiche interessante Transformanten mit 15% Zellulose im Holz als üblich, mit verstärkter Gibberellin-Synthese zur Faserverlängerung oder mit transgenem Bt-Toxin. Bisher wurden 2 Freisetzungsversuche (1996-2001 und 2000-2003) ohne größere Überraschungen abgeschlossen. In Vorbereitung sind Untersuchungen zum Transgen-Verhalten unter Stress, zur Quantifizierung von Genfluss mittels Mikrosatelliten in einer realen Landschaft u.a.m.  Als letzter Redner erörterte B.A. Bornhoff, Geilweilerhof, Versuche zur Ermittlung der Ausbreitung von GUS-tragenden Pollen der Rebe mittels Pollenfallen (Vaseline-bestrichene Objektträger) in 5-50 m Umkreis um die transgenen Spenderreben.

    Nachdem Prof. Töpfer abschließend allen Vortragenden und Diskussionsrednern für ihre Beiträge gedankt hatte, dankte ihm der Unterzeichnete für seine vielseitigen Initiativen, mit denen er ein so interessantes Programm für die AG zusammenstellte, sowie ihm und allen seinen Mitarbeitern für die perfekte Organisation dieses rundum gelungenen Treffens.

     (G. Röbbelen, Göttingen)