– 40 Teilnehmer –
Vorbereitung und Organisation:
Dr. Martin Frauen, Dr. Gunhild Leckband, Hilke Rades
Leitung:
Prof. Dr. W. Eberhard Weber
Vor Beginn der Tagung wurden die Teilnehmer durch die Seniorin, Frau Barbara Brauer, im Stadthotel Eckernförde begrüßt und zu einem Imbiss eingeladen. In Hohenlieth begann die wissenschaftliche Tagung mit einer Vorstellung der Geschichte der Norddeutschen Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG durch den geschäftsführenden Gesellschafter Dietmar Brauer. Das Unternehmen hat seine Wurzeln in Malchow auf Poel. Dort übernahm 1897 Prof. Dr. h.c. Hans Lembke den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb und begann mit der Züchtung von Winterraps, Rübsen, Rotklee, Gräserarten, Winterweizen, Hafer und Kartoffeln. Der Betrieb wurde nach dem 2. Weltkrieg enteignet und als „Volkseigenes Saatzuchtgut“ fortgeführt, Hans Lembke blieb aber weiterhin Saatzucht- und Betriebsleiter. Später erfolgte eine Umbenennung in „Institut für Öl- und Eiweißpflanzenzüchtung Hans Lembke (IÖF)“. Sein Sohn Hans-Georg Lembke gründete 1946 in Schleswig-Holstein die Norddeutsche Pflanzenzucht, die 1952 in Hohenlieth bei Eckernförde ansässig wurde. Nach seinem Tod 1965 übernahm seine Frau Helene Lembke zusammen mit ihrem Schwiegersohn Dr. h.c. Dietrich Brauer die Geschäftsführung. Das Unternehmen entwickelte sich besonders erfolgreich in der Rapszüchtung. Hierzu trug entscheidend die Umstellung auf 00-Qualitätsraps bei. Ein wesentlicher Schritt war der Rückkauf des ehemaligen Zuchtbetriebes in Malchow auf Poel von der Treuhand. Seit dieser Zeit hat die NPZ Hans-Georg Lembke KG die beiden Hauptstandorte in Hohenlieth und Malchow. Für Winter- und Sommerraps erfolgt die Züchtung an beiden Standorten, Welsches Weidelgras, Ackerbohnen und Erbsen werden in Hohenlieth, Deutsches Weidelgras und Rotklee in Malchow bearbeitet. Die NPZ ist heutzutage Partner zahlreicher Kooperationen wie Saaten-Union GmbH, Saaten-Union Biotec GmbH, Rapool-Ring GmbH und German Seed Alliance GmbH. Hinzu kommen zahlreiche Beteiligungen und Tochterfirmen im In- und Ausland. Dies ist charakteristisch für die mittelständigen Pflanzenzüchtunternehmen im Wettbewerb mit den großen Konzernen.
Frau Dr. Gunhild Leckband, zuständig für Forschung und Patente bei der NPZ, ging in ihrem Vortrag „Praxisorientierte Forschung in der Rapszüchtung“ näher auf das Forschungsprogramm der NPZ bei Raps ein. Für ein Zuchtunternehmen ist praxisorientierte Forschung essentiell für eine erfolgreiche Sortenentwicklung. Erfprscht werden Komponenten der Ertragsbildung und –sicherheit, und spezifische Qualitätsaspekte wie Doppel-Null, Hoch-Ölsäure, Hoch-Erucasäure und Raps für eine gesundheitsfördernde Ernährung unter Nutzung molekularer Ansätze und neuer Phänotypisierungstechniken. In der Rapszüchtung ist ein weiterer sehr wichtiger Gesichtspunkt die Saatgutqualität. Hier wird nach molekularen Markern zur Erhöhung der Triebkraft gesucht, die sich für eine markergestützte Selektion eignen. Andere Forschungsprogramme beziehen sich auf die Resistenz gegen wichtige Krankheiten wie Sclerotinia und Verticillium. Für eine erfolgreiche Züchtung besteht stets die Notwendigkeit, die genetische Variation zu verbreitern. Hierzu gehören die Ansätze wie Mutantenerzeugung über TILLING und die Identifizierung von Kandidatengenen über Hochdurchsatzsequenzierung. Der hohe Anfall an Daten erfordert außerdem ein ausgeklügeltes Managementsystem. Auch hierzu läuft ein Forschungsprogramm.
Der nächste Vortrag „UFOP und 20 Jahre RME – eine Erfolgsgeschichte im Zielkonflikt der THG- und Tank/Teller-Diskussion“ wurde von Dieter Bockey (UFOP Berlin) gehalten. Am Beginn 1992 stand ein Flächenstilllegungsprogramm zur Reduktion der Nahrungsmittelproduktion. Der UFOP gelang es, mit einer Kampagne die Landwirte für den Anbau von Raps für Biodiesel auf Überschussflächen zu gewinnen. Die weitere Entwicklung war stark durch politische Entscheidungen bedingt. Für den Anbau von Raps für Biodiesel ist auch zu beachten, dass Biodiesel nicht nur aus Raps hergestellt wird. Dabei sind auch die unterschiedlichen Emissionswerte zu berücksichtigen. Zur Tank/Teller- Diskussion gibt es politische Beschlüsse von 2012, den Anteil Ackerfläche für die Energiegewinnung deutlich zu senken bei gleichzeitig starker Reduzierung der Treibhausgase aus Anlagen für Biokraftstoffe. Über einen iLUC- Faktor (indirekte Landnutzungsänderung) soll bei Biokraftstoffen die Gewinnung von Energie aus Ölen stärker belastet werden als aus Zucker oder Stärke. Raps für Biodiesel stellt aber auch über Kopplungsprodukte eine Proteinquelle dar. Die Reduzierung des Rapsanbaus würde zu einer Erhöhung der Sojaimporte führen. Dies ist bei einer Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Insgesamt sprach sich Herr Bockey dafür aus, ähnlich wie 1992 strategisch vorzugehen, um den Anbau von Raps für Biodiesel langfristig zu sichern.
Im folgenden Vortrag „Entwicklung und Stand des Leguminosenanbaus in Deutschland“ zeigte Dr. Wolfgang Sauermann (Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Kiel), wie sich für alle Leguminosen (Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen) der Anbau in Deutschland stark rückläufig entwickelte. Herr Sauermann wies darauf hin, dass um 1900 an der Westküste von Schleswig-Holdstein ein Schwerpunkt für den Anbau von Ackerbohnen lag mit teilweise 50 % der Anbaufläche. Für den starken Rückgang der Leguminosen ist in erster Linie die mangelnde Konkurrenzkraft mit anderen Kulturarten verantwortlich. So ist es nicht verwunderlich, dass es in Deutschland nur noch wenige Zuchtprogramme für Leguminosen gibt.
Die „Pflanzenzüchtung bei der NPZ“ stellte Dr. Martin Frauen, Saatzuchtleiter und Gesellschafter bei der NPZ, zunächst in einem Vortrag vor, im Anschluss konnten sich die Teilnehmer im Betrieb einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der NPZ ein Bild machen. Herr Frauen erläuterte die ersten Züchtungsschritte im Gewächshaus. Besonders beeindruckend waren für die Teilnehmer die neuen Gebäude für die technische Bewältigung der Aussaat und Bearbeitung der eingehenden Ernte und der Lagerung von Zuchtmaterial. Da im Mai der Raps draußen auf dem Feld steht, sah es so aus, als sei hier sehr viel Platz. Dies wird jedoch zur Kampagnezeit ganz anders aussehen.
Ein wichtiger Bestandteil eines Saatzuchtunternehmens ist die Aufbereitung von Verkaufssaatgut. Das Saatgutlager wurde von Stephan Leckband vorgestellt. Für jede Partie ist festzustellen, ob die vorgegebenen Qualitätsnormen eingehalten werden. Die Teilnehmer bekamen einen Eindruck, welch hoher technischer Aufwand erforderlich ist. Ein aktuelles Problem besteht in dem Verbot für den Einsatz von Neonicotinoiden als Beizmitteln ab 1. Dezember 2013 für zunächst ein Jahr. Das Verbot wird mit der Gefahr für Bienen begründet. Dies ist schwer nachvollziehbar, da ja nur das Saatgut behandelt wird. Bei einer Feldbesichtigung zeigte Herr Frauen den Stand der im Anbau befindlichen und der sich in einer Endphase der Prüfung befindlichen Sorten der NPZ und der anderen Züchter. Dabei müssen neben den Leistungseigenschaften auch gleichzeitig noch Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem großen Rapssortiment gefunden werden.
Der Tag klang aus bei einer üppigen Abendmahlzeit, zu der die NPZ in den alten Speicher eingeladen hatte. Dabei konnten in entspannter Atmosphäre auch noch einige Fragen diskutiert werden, die aus den Vorträgen ergeben hatten.
Am nächsten Tag hatte die NPZ zu einen Besuch des Globushauses und des Barockgartens in Schleswig eingeladen. Das Globushaus ist eine Rekonstruktion des barocken Globushauses aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Der Globus mit einem Durchmesser von 3,11 m kann auch von innen betreten werden. Außen zeigt er die Welt um 1650, von innen sieht man die Sternbilder. Außerdem gab es eine Führung durch den rekonstruierten Barockgarten, eine Anlage in mehreren Terassen. Die Tagung klang aus bei einem Mittagessen im Schlosskeller, zu dem die NPZ geladen hatte.
Die Arbeitssitzung fand vor dem Besuch in Schleswig im Stadthotel Eckernförde statt. Zunächst berichtete Dr. Meinel über den Stand der Archivierung von Zuchtmaterial. Dies gestaltet sich äußerst mühsam. Als weiterer Punkt wurden Möglichkeiten einer Darstellung in Buchform zur Entwicklung der Pflanzenzüchtung in Deutschland erörtert, 25 Jahre nach der Vereinigung. Dieser Punkt soll von Herrn v. Broock beim BDP vorgebracht werden. Als Termin für die nächste Tagung sind der 17. und 18. Juni 2014 vorgesehen, die Tagung soll in der Nähe der Versuchsstation der Saatenunion in Moosburg stattfinden. Herr Franz Xaver Zellner hat angeboten, am zweiten Tag in der Versuchsstation vor Ort die Möglichkeiten moderner Versuchstechnik kennenzulernen. Für das Tagungsprogramm bietet es sich an, die Pflanzenzüchtung mit Schwerpunkt Bayern aus geschichtlicher Sicht sowie aus dem Blickwinkel eines praktischen Züchters, der Wissenschaft und der Versuchstechnik zu betrachten.
W. E. Weber (Halle)