– 185 Teilnehmer –
Organisation:
Prof. Dr. T. Miedaner, Hohenheim, Prof. Dr. P. Zwerger, Braunschweig, und Prof. Dr. A.v.Tiedemann, Göttingen
G. F. Backhaus begrüßte die große Teilnehmerschar und eröffnete die Tagung. Seit der letzten Tagung vor zwei Jahren erfuhr der Agrarbereich gravierende Veränderungen. Anstelle Überproduktion und Stilllegung heißen in der Pflanzenproduktion die Ziele nun wieder Ertragshöhe und -stabilität. Der sich abzeichnende Klimawandel, weltweites Bevölkerungswachstum, steigender Nahrungsmittelverbrauch, insbesondere in China und Indien, und zunehmende energetische Verwendung von Agrarrohstoffen haben Nachfrage und Preise auf den Weltagrarmärkten ansteigen lassen. Nun sind erneut Pflanzenschutz und Resistenzzüchtung gefordert. Mit diesen Problemen beschäftigte sich der erste Halbtag der diesjährigen Veranstaltung.
Den Einstieg gab J. Zeddies, Hohenheim, mit einer detaillierten Darstellung der veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen für die Pflanzenproduktion in Deutschland. Auf den Weltmärkten sind die Vorräte an Agrarprodukten aufgebraucht. Der Nahrungsbedarf nimmt weltweit zu. Im Energiesektor haben Brasilien und die USA vor allem bei Bioethanol gewaltige Expansionspläne. Das alles ist jedoch für die gegenwärtigen Preissteigerungen – bei einer Verwendung von derzeit rd. 4% der agrarischen Rohstoffe für energetische Zwecke – noch kein zureichender Grund. Bei gleich bleibender Entwicklung wird sich die Energienutzung als Konkurrenz zum Nahrungssektor nicht vor 2020 bemerkbar machen. Aber nach Meinung von Zeddies gibt es in der Welt noch reichlich Produktionsreserven, die bei kostendeckenden Preisen durch Inanspruchnahme von Brachflächen und Steigerung der Flächenproduktivität erschlossen werden können.
In den folgenden acht Vorträgen stand der Klimawandel als wichtigste Veränderung im Mittelpunkt. Allerdings war die Darstellung mehr durch Erwartungen und Hypothesen als durch Ergebnisse und Fakten geprägt. H. Tischner, Freising, trug aus der Sicht des süddeutschen und H.J. Gleser, Kiel, aus der des norddeutschen Raumes vor. Die allgemein erwartete Erwärmung, veränderte Niederschlagsverteilung und extremen Witterungsereignisse können Pflanzenschutzmaßnahmen erschweren, das Schaderregerspektrum verändern und zu neuen Unkraut- und Durchwuchsproblemen führen. Insgesamt sollte sich die Agrarforschung rechtzeitig darauf einstellen anstatt Kapazitäten im öffentlichen Bereich abzubauen. Für die Lösung aktueller Probleme sind sicherere Prognose- und Pflanzenschutzverfahren ebenso notwendig wie wirksame Sortenresistenz.
Für Getreide (E. Ebmeyer, Bergen), Mais (B. Holtschulte, Einbeck) und Raps (M. Frauen, Hohenlieth) wurde aus berufenem Munde über die derzeitige Situation der Resistenzzüchtung in Deutschland berichtet. Entgegen häufig geäußerter Ansicht schließen sich ein hohes Ertragspotential und Krankheitsresistenz generell nicht aus. Eher umgekehrt müssen hochertragreiche Sorten aus Gründen der Ertragssicherheit eine „ausreichende“ Basis-Resistenz aufweisen. Mit zell- und biotechnologischen Methoden, wie molekularen Markern, der Doppelhaploiden-Technik und transgenen Verfahren, können neue Resistenzgenquellen ohne gleichzeitigen Ertragsverlust erschlossen werden. Aber auch eine durch Rückkreuzung entwickelte Maiszünsler-Resistenz ist in den USA in Hybridsorten mit gleichem Ertrag wie in transgenen Sorten verfügbar, und allein scheint hier auch die Bt-Resistenz nicht dauerhaft zu sein. Das hohe Niveau an Krankheitsresistenz, das in unseren Hochzuchtsorten in Jahrzehnten zusammengetragen wurde, wird, nach Ebmeyer, voll erkennbar erst im Vergleich zu „exotischem“ Genbankmaterial, sobald man dieses einmal zu verwenden gezwungen ist. Bei Mais und Raps sind sowohl die traditionellen als auch neuen Erkrankungen (z.B. Maiswurzelbohrer, Verticillium-Krankheit) ohnehin meist nur durch Resistenzzüchtung zu bekämpfen, lediglich bei Sclerotinia „überlässt man den Markt den Fungiziden“ (Frauen).
Im dritten Vortragsblock wurde über die veränderten Rahmenbedingungen als Herausforderung für die Pflanzenschutzindustrie vorgetragen – von G. Prigge, BASF, für das Getreide, M. Schulte, Syngenta, für den Mais und J. Weinmann, Bayer, für den Raps. Intensität lohnt sich wieder (Prigge); aber von Bedeutung für den Landwirt ist der größte kostenfreie Mehrerlös, der sortenabhängig bei durchaus verschiedener Behandlungsintensität erreicht werden kann. Für den Maisanbau ist die unzureichende Verfügbarkeit von Herbiziden (Schulte) ein Problem und in wärmeren Gebieten die Bekämpfung von Striga und Orobanche ungelöst. Für den Raps betonte Dr. Weinmann, dass genetische Resistenz unentbehrlich ist, um die Wirksamkeit wichtiger Wirkstoffe zu erhalten.
Nach J.M. Greef, FAL Braunschweig, verursachen die Folgen der minimalen Bodenbearbeitung einerseits und die engen Fruchtfolgen andererseits die Hauptprobleme, für die weitgehend mit Weizen, Raps und Mais nur noch drei Fruchtarten zur Verfügung stehen. Lösungen sah er nur im ganzheitlichen Ansatz, den er jedoch auch nicht näher erläuterte.
Resistenzforschung und Resistenzzüchtung war am folgenden Morgen das erste Thema. K.H. Kogel, Giessen, stellte mit dem in Orchideenwurzeln gefundenen Endophyten Piriformospora einen interessanten Pilz vor, der bei Getreide nicht nur kräftigeres Wachstum und um 10% höhere Kornerträge, sondern auch verbesserte Krankheitsresistenz z.B. gegen Fusarium– und Rhizoctonia-Pilze vermitteln könnte. Der Pilz ist stets mit Rhizobium radiobacter assoziiert, das auch allein Resistenz auslösen konnte!
Frau Christina Eynck, Göttingen, stellte Ergebnisse ihrer Dissertation zu Resistenzfaktoren in Raps gegen die „krankhafte Abreife“ vor. Diese vor allem aus Kohl in den Raps überführte Ausbreitungsresistenz gegen das vaskuläre Pathogen Verticillium longisporum manifestiert sich, wie sie mit überzeugenden histochemischen Präparaten belegte, u.a. in einer stärkeren Ligninauflagerung der Zellwände insbesondere in der Übergangszone von der Wurzel in den Spross. K.J. Müller, Darzau, berichtete aus zweiortigen Anbauversuchen mit Sommergersten über deutliche Sortenunterschiede für die Streifenkrankheit, Drechslera gramineae, die offensichtlich von der quantitativen Resistenz der alten Sorte ‘Vada’ herrühren. – In fortwährend grünen Fruchtfolgen können sich frei lebende Nematoden der Gattung Pratylenchus kontinuierlich vermehren und erhebliche Schäden auslösen, wie C. Jung, Kiel, berichtete. Aufgrund der sehr aufwändigen Merkmalserfassung mittels Auszählen der im Wurzelraum lebenden Nematoden soll in Zukunft ein Biotest mit quantitativer Bestimmung der Nematoden-DNA direkt in der Wurzel entwickelt werden.
Die folgenden drei Vorträge betrafen Untersuchungen zum Fusarium-Resistenz, wie sie nach Erlass der EU-Höchstmengenverordnung derzeit in vielen Labors durchgeführt werden. C. Bolduan, Hohenheim, berichtete aus umfangreichen Feldprüfungen von Mais-Inzuchtlinien zur genetischen Variation für Kolbenfäuleresistenz und Toxinakkumulation. Dabei erwies sich der Befall mit dem DON-Bildner Fusarium gramineum und dem FUM-Bildner F. verticilloides hoch korreliert. H.-H. Voss, Hohenheim, und J. Holzapfel, Freising, gingen in einem gemeinsamen Verbundprojekt den Ursachen der erhöhten Fusarium-Anfälligkeit von Weizen-Genotypen mit dem Kurzstrohgen Rht2 nach, das wegen seines positiven Ertragseffekts in rund der Hälfte aller in Deutschland angebauten Weizensorten vorhanden ist. QTL-Analysen in drei Kreuzungsnachkommenschaften (anfällig-lang x resistent-kurz) ergaben den weitaus größten Effekt für Fusarium-Anfälligkeit jeweils für den Rht2-Locus auf Chromosom 4DS. H. Bürstmayr, Tulln/A, konnte für die zwei aus dem Sommerweizenstamm ‚CM82036’ stammenden Resistenz-QTL auf Chromosom 3B und 5A Effekte in derselben Größenordnung auch nach Rückkreuzung in Winterweizensorten nachweisen.
Alle Winterweizensorten, die in größerem Umfang in Deutschland angebaut werden, tragen das Gen Lr37 aus T. ventricosa für Braunrostresistenz, gegen die 2006 erstmalig Virulenz auftrat. Nur noch wenige weitere Resistenzgene (Lr9-Lr51) aus Weizenwildformen sind in Deutschland noch wirksam. Die Entwicklung von molekularen Markern, über die V. Lind, Quedlinburg, berichtete, ist daher von aktueller Bedeutung. – Auch die Halmbruchkankheit durch Pseudocercosporella, neu syn. Oculimacula, nahm mit der Ausweitung der Weizenanbaufläche auf 25% LN deutlich zu. Auch hier ist die Verfügbarkeit von molekularen Markern, worüber N. Meyer, Quedlinburg, vortrug, wegen der ausgesprochen langsamen Pilzentwicklung und für die erwünschte Pyramidisierung der Pch1-, Pch2- und T. kotschyi-Resistenz unentbehrlich. – Gegen das Soil Born Cereal Mosaic Virus ist Resistenzzüchtung der einzige Schutz. D. Perovic, Gatersleben, kartierte die hauptsächlich verwendete monogenische Resistenz im Rahmen eines EU-Projekts mittels DH-Linien aus einer geeigneten Kreuzung auf dem Weizenchromosom 5DL, konnte jedoch in einer Expressionsanalyse weitere sieben Resistenzgene in Wurzeln, vier im Hypokotyl und vier in den Blättern nachweisen. – Monique Jürgens, Lundsgaard, entwickelte Marker für Resistenz gegen das Turnip Yellow Virus (TuYV) im Raps, wo neben einem dominanten Hauptgen weitere Minorgene züchterisch Beachtung verdienen.
Über funktionelle Genomforschung und Gentechnik für biotische Stressresistenz in Gerste und Weizen berichtete P. Schweizer, Gatersleben. Mit transgenic induced gene silencing (TIGS) nach RNAi bombardement fand er in der klassischen Gerstensorte ‘Golden Promise’ nach Mehltaubefall 37 hochregulierte Gene. Bei der Validierung eines Transgens aus Gerste für Mehltauresistenz im Sommerweizen ergab sich durch Befall die Induktion einer Peroxidase, allerdings nur im Blattinneren. In der Epidermis exprimierte der Weizen das Gen jedoch mit einem Weizenpromotor. – Die Entwicklung synthetischer Promotoren für die Nutzung pflanzeneigener Abwehrsysteme, wie veränderter hypersensitiver Reaktionen, stellte D. Stahl, Einbeck, vor. Gesucht werden starke, nur lokal wirksame und durch eine möglichst breite Palette von Pathogenen induzierbare Promotoren, die aus cis-Elementen zusammengesetzt werden.
Neueste Ergebnisse trugen abschließend Manuela Diethelm, Freising, zur Fusarium-Resistenz beim Winterweizen bezüglich der Entwicklung und Kartierung funktioneller genetischer Marker mit Hilfe der Expressionsanalyse von PR-Proteinen und M. Hobert, Quedlinburg, zur Identifikation differentiell exprimierter Gene der Zellwandsynthese nach BYDV-Infektion in Gerste vor.
P. Zwerger, BBA Braunschweig, unterstrich in seinem Schlusswort die schon traditionelle und erneut sehr positive Interaktion der drei in dieser Tagung kooperierenden Arbeitsgruppen aus landwirtschaftlicher Praxis, Industrie und Wissenschaft in Pflanzenschutz und Pflanzenzüchtung. Er dankte alle Beteiligten und kündigte an, dass Anfang nächsten Jahres der Termin für die kommende Tagung im Dezember 2009 im Kolpinghaus fest gebucht wird.
(T. Miedaner, G. Röbbelen)