Bericht der Tagung der AG Ertrags- und Stressphysiologie in Groß Lüsewitz, 23.-24. Juni 2009 “Ertragsbildung unter Stress – ein komplexes Phänomen”

Nach der gemeinsamen Tagung mit der AG Getreide und der AG Saatgutwesen im Oktober 2007 stand für 2009 die erste eigene Tagung der Arbeitsgruppe Ertrags- und Stressphysiologie nach einer längeren Pause an.

41 Wissenschaftler aus Universitäten und anderen Forschungs­einrichtungen sowie Züchter meldeten sich zu einem abwechslungsreichen Programm am Institut für Resis­tenzforschung und Stresstoleranz des JKI in Groß Lüsewitz an. Am Nachmittag des 23. Juni fand die eigentliche Vortragsveranstaltung statt. Nach einer kur­zen Begrüßung und einer einführenden Vorstellung des gastgebenden Institutes durch den geschäftsführenden Vizepräsidenten der GPZ und gleichzeitigen Leiters des Institutes, Dr. Frank Ordon, folgten die Fachvorträge.

Schwerpunktmäßig wurden Möglichkeiten der Nutzung von Modellierungskonzepten in der Pflanzenzüchtung aufgezeigt. So war das Thema des Hauptvor­tra­ges, den Professor Ewert von der Universität Bonn hielt: „Modellierung der Ertragsbildung (unter Stress) – von der Pflanze zum Bestand“. Herr Ewert zeigte eindrucksvoll, dass mathe­matische Modellierung das Ver­ständnis komple­xer physiologischer Prozesse verbessern kann, indem sie Reaktionen auf einer höheren Sys­tem­ebene voraussagt. Das kann sowohl dem Züch­ter helfen, der viele verschiedene Merkmale in einem Genotyp kombinieren, als auch dem Landwirt, der die richtige Sorte und die pas­sende Anbaustrategie wählen muss. Die Modell­prognosen können jedoch immer nur so gut sein, wie die empirische Datenbasis, auf der die Modelle beruhen. Aufgrund der Kom­plexität gibt es noch viele Herausforderungen.

Ein weiterer Vortrag, in dessen Mittelpunkt die Modellierung stand, wurde von Dr. Ulf Bött­cher von der Universität Kiel aus der Arbeitsgruppe von Professor Kage zu „Bestandes­tempe­raturmessungen und Modellierung von Winterweizen als Mittel zur Phänotypisierung von Tro­ckenstressreaktionen“ gehalten. Hierbei wurden die Bestandes­tempe­ra­turwerte nicht nur in Abhängigkeit von der Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Global­strahlung etc., sondern auch von solchen Parametern wie Stomataschluss oder Tiefenwachstum der Wurzel und ihre Einbeziehung in die Modellierung interpretiert.

Auch in dem Vortrag von Dr. Jürgen Bender (vTI Braunschweig) zum „Risikofaktor Ozon – Ein­fluss von Genotyp und Umweltfaktoren auf die Ozonempfindlichkeit von Nutzpflanzen“ konnte neben der breiten inter- und intraspezifischen Variabilität in der Ozontoleranz der sinn­volle Einsatz eines Ozonflux-Modells für das Blatt zur Vorhersage der Schädi­gung gezeigt werden.

Im Vortrag von Dr. Christiane Balko (JKI Groß Lüsewitz) „Trockenstress bei Kartoffeln und Ackerbohnen: Einfluss von Zielgröße, Stressbedingungen und Kulturart auf die Beurteilung der Toleranz der Genotypen“ wurde der Einfluss der verschiedenen Faktoren auf das Tole­ranzran­king der Genotypen diskutiert und Ursachen einander scheinbar widersprechender Versuchser­gebnisse analysiert – ein Plädoyer für die möglichst exakte Erfassung und Beschrei­bung der Versuchsbedingungen.

Im letzten Fachvortrag von Dr. Bernd Hackauf (JKI Groß Lüsewitz) „Ein genomanalytischer An­satz zur Erfassung des Potentials von Hybridroggen für den Anbau unter Trockenstressbe­dingun­gen“ wurden erste Ansätze zu diesen Schwerpunktthemen vorgestellt.

Herr Lütke Entrup von der GFP rundete den Nachmittag mit seinem Beitrag zur Auswertung des im März 2009 stattgefundenen Symposiums „Klimawandel – Züchtung für extreme Um­welten“ ab. Er fasste aus Sicht der GFP den Handlungsbedarf zusammen und versuchte, För­dermög­lich­keiten für Wissenschaft und Forschung aufzuzeigen.

Am Vormittag des 24. Juni fand eine Feldführung statt, in deren Rahmen vor allem die aktu­ellen Stressversuche am Standort besichtigt und rege diskutiert wurden. Daran schloss sich bei wun­derschönem Wetter eine Fahrt über das gesamte Versuchsfeld mit Erläuterungen durch den Ver­suchs­feldleiter, Herrn Pienz, an.