Bericht der Vortragstagung gemeinsam mit dem DLG-Ausschuss „Gräser, Klee und Zwischenfrüchte“ vom 5.&.6 Dezember 2006 in Fulda

– 49 Teilnehmer –

Organisation:
Dr. St. Hartmann, Weihenstephan

In der diesjährigen Fachtagung am traditionellen Ort wurden in bewährter Weise Züchtung und Anbau übergreifend Themen zu Ertrag und Krankeitsresistenz, zu Qualitätsaspekten und zudem auch zur aktuellen Frage des Biogaspotenzials von Futterpflanzen behandelt.

Züchtung und Sortenprüfung: Den Anfang machten St. Hartmann und Birgit Haringer mit einem Beitrag über die Vorteile der Wichtung von Boniturdaten aus Ausdauerprüfungen in bayerischen Grenzlagen des Deutschen Weidelgrases. Der Ausdauerindex (berücksichtigte Merkmale: Weidelgrasanteil, Dichtigkeit, Stand nach Winter, Fusariumresistenz und Rostresistenz) bringt in der gewichteten Form Vorteile mit sich und wird seit 2006 in Bayern angewendet. Nach Auffassung der Vortragenden ist die neue Verrechnung prinzipiell auf alle gleichartig erfassten Merkmale übertragbar, insoweit sie in ihrer Ausprägung und Differenzierung von äußeren Einflüssen abhängen, die nicht vom Versuchsansteller normiert werden können. – In einem schriftlich vorgelegten Beitrag referierte U. Posselt über die Entwicklung und Nutzung von Doppelhaploiden (DH) in der Gräserzüchtung. Mittels Antherenkultur können zunächst Haploide und nach spontaner oder colchizininduzierter Genomverdoppelung homozygote diploide Individuen entwickelt werden. Nachgewiesenermaßen war die Antherenkultureignung bei Welschem Weidelgras deutlich geringer als bei Deutschem Weidelgras, signifikant höher allerdings bei Festulolium und Wiesenschwingel. Die Untersuchungen wurden bis zu einem Leistungsvergleich synthetischer Sorten aus Klonen und DH-Linien getrieben und lieferten Hinweise auf ein erhebliches Leistungspotenzial, wenn die synthetischen Sorten aus nicht-verwandten DH-Linien aufgebaut worden waren. Zwingende Voraussetzung für die Nutzung von DH-Linien in der praktischen Züchtung ist die Verwendung von selbst-kompatiblem Ausgangsmaterial. – In einem Beitrag aus Nieder-Schlesien bewerteten Elzbieta Plaskowska, K. Wolski, K. Matkowski und H. Bujak die Gesundheit von deutschem Weidelgras im Sportrasen im Herbst und Winter. Insbesondere Schneeschimmel machte den geprüften Sorten des Deutschen Weidelgrases zu schaffen. Gleiches galt für den Erreger Limonomyces roseipellis, für den aber ebenso wie für Schneeschimmel Sortenunterschiede im Ausmaß des Befalls ermittelt werden konnten. – Über den derzeitigen Stand bei der Prüfung und Zulassung gentechnisch veränderter Sorten bei landwirtschaftlich bedeutsamen Arten einschließlich Futterpflanzen referierte Ch. Schiefer in umfassender Weise. Er behandelte dabei auch die Bewertung von Futtermitteln aus GVO-Mais sowie ein sächsisches GVO-Maisprojekt. – Auf europäischer Ebene hatte vom 3. bis 7. September 2006 die EUCARPIA-Sektion Futterpflanzen und Rasengräser in Perugia/Italien getagt. In seinem minutiösen Bericht stellte F. Hüttner die Inhalte der Vorträge dar, die in dieser Tagung vor allem dem Rahmenthema „Züchtung und Saatgutproduktion für die konventionelle und ökologische Landwirtschaft“ gewidmet waren.

Qualitätsaspekte: J. Thaysen präsentierte die Entwicklung der Grünlandreifeprüfung in Schleswig-Holstein als eines der erfolgreichsten Beratungsmodelle für den Futterbau der letzten Jahrzehnte. Die dabei getätigte Beschreibung der witterungsabhängigen Rohfaserentwicklung im Frühjahrsaufwuchs und die Vorhersage des optimalen Schnitttermins darf verständlicherweise weder die botanische Zusammensetzung des Grünlandbestandes noch die verwendete Sortenmischung unberücksichtigt lassen. Gerade der letztere Aspekt ist im Hinblick auf späte und tetraploide Sorten des Deutschen Weidelgrases in den vergangenen Jahren als Schleswig-Holsteinisches Spezifikum bearbeitet worden. – Häring, Suter und Lüscher verfolgten im Laufe der Entwicklung von Esparsette, Hornklee und Chicorée den Gehalt an kondensierten Tanninen als natürlichen Hemmstoffen von Magen-Darm-Parasiten der Wiederkäuer. Infolge des abnehmenden Masseanteils der Blätter an der Biomasse und zunehmenden Tanningehalts der Blätter im Entwicklungsverlauf – bei gleichzeitiger Invarianz der Tannine im Stengel – ergab sich keine nennenswerte Veränderung der Tannine während der Entwicklung dieser Arten. Insofern hat der Erntezeitpunkt keine Auswirkungen auf den Tanningehalt der untersuchten Leguminosenarten und ist ohne Bedeutung für die Optimierung des Erntezeitpunktes zugunsten einer Maximierung des anthelmintischen Tannineffektes im Wiederkäuer. – Die züchterische Verbesserung des Gehalts an verdaulicher Energie von Weidelgräsern für die Rinderfütterung geht bekanntlich verschiedene Wege: Anhebung der Verdaulichkeit der Zellwand oder des Gehalts an energiereichen, leicht verwertbaren Inhaltsstoffen des Zellsaftes. Letzteres betrifft insbesondere polymere Fruktoseverbindungen (Fruktane), deren Steigerung mit konventionellen Methoden der Züchtung wie auch mittels Transfer von Genen aus der Speisezwiebel angestrebt wird. Chr. Paul, Merle Alex und M. Sommer berichteten über die vollkommen entgegengesetzt zu bewertende Rolle der Fruktane in der Pferdefütterung. Laut Untersuchungen aus der letzten Dekade kommt den Fruktanen eine Schlüsselrolle bei der Auslösung der fütterungsbedingten Hufrehe zu. Gerade bei körperlich unterforderten Freizeitpferden führt die Überladung des Dickdarms mit den rasch fermentierbaren Fruktanen zu einer explosionsartigen Umschichtung der Mikrobenflora, zu einem Absinken des pH-Wertes (Acidose), zu einer Freisetzung von Endotoxinen und einer Blutgefäßverengung in den Vorderhufen. Extreme Schmerzhaftigkeit, Zerstörung des Hufbeinträgers und Ablösung der Hornwand können eine irreversible, hoffnungslose Situation zur Folge haben und letztlich eine Euthanasie der Tiere erforderlich machen. Die Herausstellung fruktanarmer Grasarten, wie Rotschwingel, Lieschgras und Wiesenfuchsschwanz, seitens der Zuchtfirmen sowie Beratungsangebote zur Minderung des Fruktangehalts auf Pferdeweiden, in Pferdeheu und Pferdesilage sind in der Pferdehaltung im Interesse des Tierschutzes dringend geboten.

Biogas: Eine gesonderte Runde von Vorträgen behandelte die energetische Nutzung von Futterpflanzen. Sie bietet Futterbaubetrieben eine dringend benötigte Einkommensalternative zur Rindviehhaltung und muss daher auch in der Futterpflanzenzüchtung stärkere Beachtung finden. Die Beiträge zum Einsatz von Zwischenfrüchten (A. Aigner) und Gräsern (F.-F. Gröblinghoff, N. Lütke-Entrup und Clara Berendonk) in Biogasfermentern belegten gleichermaßen, dass neben der Anbauwürdigkeit und Siliereignung auch das inherente energetische Potenzial für die rentable Fermentation zu Biogas von Bedeutung ist. Ferner rekapitulierte St. Hartmann die Inhalte des vielbeachteten Biogas-Workshops vom 9./10. März 2006 (siehe www.lfl.bayern.de/ipz/gruenland/18480/index.php), den die GFP in Weihenstephan ausrichtete.

Im Rahmen der internen Sitzung des DLG-Ausschusses wurde der gemeinsame, dringende Wunsch der Züchter (vertreten durch die GPZ AG 15) zu einer Zusammenlegung der bisher jährlich im letzten Quartal im Abstand von nur ca. 4 Wochen stattfindenden Veranstaltungen im Bereich der Futterpflanzenzüchtung von GFP, GPZ, FVG (Verein zur Förderung der Versuchstätigkeit im Grassamenbau) und DLG diskutiert. Gründe hierfür sind, dass die GPZ AG 15 und die Abt. Futterpflanzen der GFP zu einem hohen Grad personalidentisch zusammengesetzt sind und sich so Synergien nutzen lassen. Ein Abwenden der GPZ Mitglieder (ca. 15 Teilnehmer) von der DLG-Veranstaltung wäre hingegen für diese äußerst nachteilig. Nach intensiven Beratungen wurde unter Abwägung mehrerer Alternativen mit großer Mehrheit entschieden, 2007 gemeinsam eine zeitlich geschlossene Veranstaltungsreihe der entsprechenden Fachgruppen vom 05.11. bis 08.11 unter dem Thema „Züchtungsperspektiven und Saatgutproduktion bei Gräsern, Klee und Zwischenfrüchten“ am Standort Bonn zu organisieren.

(Ch. Paul, Braunschweig)

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