– ~60 Teilnehmer –
Organisation:
Prof. J. Grunewaldt, Ahrensburg und Dr. M. Mehring-Lemper, Hann. Münden
Bei hochsommerlichen Temperaturen versammelte sich die stattliche Zahl der Teilnehmer in unmittelbarer Nähe der Ernst Benary Samenzucht GmbH in Hann. Münden im Hotel Auefeld. Herr Dr. Mehring-Lemper begrüßte als Mitorganisator und als einer der Züchter von Benary die Teilnehmer im Namen seiner Firma und eröffnete die Tagung.
Beim ersten Vortrag stieg Prof. W. Bockelmann, Berlin, mit einem provokanten „Zierpflanzenzüchtung für den Markt – wofür denn sonst?“ sogleich voll in das Thema ein und erläuterte eingehend und fachkundig die komplexe Kundenstruktur und die Wertschöpfungskette in diesem Bereich. Anschließend kam mit Herrn H. Weimann, Geschäftsführer der Fa. Pflanzen-Kölle, ein Vertreter des Einzelhandels – und somit ein wichtiger Kunde der Züchtung – zu Wort. Er präsentierte das mit dem deutschen Handelspreis prämierte Konzept seines Hauses Pflanzen-Kölle, und zeigte, wie dabei auf Kundenwünsche u.a. mit besten Sorten in aktuellen Farben eingegangen wird.
Es folgten exemplarisch an ausgewählten Kulturen Berichte von aktiven Zierpflanzenzüchtern über die Entwicklung von Zuchtzielen und Marktansprüchen. Herr T. Proll (Rosen-Kordes) stellte die rasante Entwicklung von Topfrosen seit 1980 vor, bei denen vor allem die Haltbarkeit ein wichtiges Zuchtziel ist. Anschließend informierte Dr. U. Sander, Zuchtleiter bei Selecta Klemm, über Versuche, dem schwindenden Verbraucherinteresse an Schnittnelken durch Züchtung geeigneter Sorten zu begegnen. Dr. M. Mehring-Lemper stellte an einigen ausgewählten Stauden-, Beet- und Balkonpflanzen die Besonderheiten bei der Züchtung samenvermehrter Zierpflanzen vor; hier stehen Einheitlichkeit und Wuchseigenschaften ganz oben auf der Liste der Zuchtziele. Herr P. Oenings, Züchter von Helleborus bei Heuger-Blumen, referierte bei dieser aufstrebenden Kultur über die Entwicklung von Populationssorten und Klonsorten bis hin zu den jetzt in der Testphase befindlichen F1-Hybriden. Abschließend zeigte Herr P. Ambrosius, Marbach, sehr anschaulich, wie aus der wilden Gerbera die heute bekannten Schnittsorten entwickelt wurden.
Mit einem gemeinsamen Abendessen im Hotel und lebhaften fachlichen und persönlichen Gesprächen klang der erste Tag aus.
Nachdem der Montag fast vollständig den Vertretern der praktischen Pflanzenzüchtung vorbehalten gewesen war, kam am thematisch allgemeiner gehaltenen Dienstag die Wissenschaft zu Wort. Den Anfang machte Dr. H. Mibus von der Universität Hannover. Er knüpfte an den Vortrag von Herrn Proll an und präsentierte seine Untersuchungen zu den genetisch/metabolischen Grundlagen für Unterschiede in der Ethylensensitivität bei Topfrosensorten. Dr. M. Linde aus Ahrensburg stellte das EU-Projekt “Genrose” vor, bei dem es sich nicht – wie vielleicht aufgrund des Namens zu vermuten gewesen wäre – um transgene Ansätze bei der Rose, sondern um ein EU-Projekt handelt, in dem europäische Wildrosenarten evaluiert und als Genressourcen für die Züchtung nutzbar gemacht werden sollen. Anschließend gab Frau Dr. S. Plaschil, Berlin, Einblick in ihre Untersuchungen zur Farbvererbung bei Angelonien. Beschlossen wurden die wissenschaftlichen Vorträge von Frau Dr. A. Hohe, Erfurt-Kühnhausen, die den Stand und die Schwierigkeiten bei der Entwicklung von „artificial seeds“ vorstellte.
Als nächster Programmpunkt folgte durch die anwesenden Professoren eine Vorstellung ihrer Forschungsinstitute der Zierpflanzenzüchtung in Deutschland. Für Berlin berichtete Prof. F. Pohlheim von drastischen Kürzungen im Agrarbereich; so wird nach seiner Emeritierung 2007 seine Professur ersatzlos gestrichen werden. In Hannover wurde die C4-Professur (Nachfolge Prof. G. Wricke) im Juli 2004 durch Herrn Prof. T. Debener wieder besetzt. Dieser wies mit einigen Bespielen auf das im Fachbereich Hannover vorhandene große Potential für die fächerübergreifende Zusammenarbeit hin. Bislang waren seine eigenen Forschungen mit einem weiten Spektrum an Methoden vor allem auf die Rosen konzentriert gewesen. In Freising-Weihenstephan steht nach Prof. G. Forkmann 2007 bzw. 2008 eine Wiederbesetzung der Züchtungsprofessuren sowohl im gartenbaulichen als auch im landwirtschaftlichen Bereich (Prof. G. Wenzel) an; dafür wird es wahrscheinlich (nur) eine gemeinsame Nachfolge geben. Zur Zeit wird hier der gartenbauliche Studiengang in enger Zusammenarbeit mit den Universitäten in Wien und Bologna grundlegend umgestellt und reformiert; Weihenstephan wird im Rahmen dieser Kooperation die Schwerpunkte Biotechnologie und Qualitätsanalyse vertreten. An der BAZ in Quedlinburg wird das Institut für gartenbauliche Kulturen anhand einiger Leitkulturen, die aus den ca. 400 in Deutschland bearbeiteten Zierpflanzenarten ausgewählt wurden, neue Methoden und Strategien für verschiedene Fragestellungen entwickeln, wie Prof. H. Schuhmann darlegte.
Vor Abschluß des Vortragsprogramms bat Prof. Grunewaldt nach 12 Jahren der Leitung der AG Zierpflanzen die Anwesenden um Wahl eines Nachfolgers. Vorgeschlagen und gewählt wurde Prof. T. Debener, der die Wahl dankend annahm. Die bisher praktizierte Doppelspitze in der Leitung der Zierpflanzen-AG soll weiterhin beibehalten werden, so dass Herrn Debener auch künftig mit Dr. M. Mehring-Lemper ein Vertreter der praktischen Züchtung zur Seite stehen wird. Für das nächste AG-Treffen wurden als Termin der September 2005 und als Ort Hannover vorgesehen.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Tagungshotel auf Einladung der Firma Benary führte ein kurzer Spaziergang in deren benachbarte Zuchtstation, in der Herr Dr. Mehring-Lemper die Teilnehmer noch einmal auch im Namen des anwesenden Seniors, Herrn Rudolf Benary, und aller Mitarbeiter des Hauses willkommen hieß und in geraffter Kürze in die Tätigkeiten des Unternehmens einführte. Die Tagung schloss mit der Besichtigung der Probefelder des Unternehmens, was noch weidlich für Gespräche genutzt wurde. Für speziell Interessente gab es zudem Gelegenheit die Samentechnischen Abteilung und das In-vitro-Labor zu besichtigen.
(R. Sobek, Hann. Münden)