– 50 Teilnehmer –
Leitung:
PD Dr. Friedrich Pank, Quedlinburg
Die Tagung wurde gemeinsam vom Institut für gartenbauliche Kulturen der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen in Quedlinburg und der Arbeitsgruppe 17 „Arznei- und Gewürzpflanzen“ der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung veranstaltet. Das Thema „Hybridsortenzüchtung“ gewinnt in jüngster Zeit auch bei den Arznei- und Gewürzpflanzen verstärktes Interesse, um – wie bereits bei anderen Kulturpflanzen – die Vorteile der Leistungssteigerung und Homogenität und damit des besseren Sortenschutzes nutzen zu können. Auf dieser Tagung waren dankenswerterweise alle im deutschsprachigen Raum mit dieser Thematik an Arznei- und Gewürzpflanzen befassten Arbeitsgruppen vertreten.
Im ersten Teil des Programms wurde in kurzen Vorträgen ein Einblick in den Stand und die Breite der laufenden Entwicklungen gegeben. Im Rahmen eines von der EU geförderten Projektes waren die genetischen Komponenten für Hybridsorten von Majoran entstanden. Kombinationseignungsprüfungen zeigten Leistungssteigerungen beim Ertrag und beim Ätherischöl-Gehalt. Die Entwicklung von Hybridsorten durch die „ N.L. Chrestensen Erfurter Samenzucht und Produktion GmbH Erfurt“ steht unmittelbar vor dem Abschluss. Thymianpopulationen weisen in der Regel einen hohen Anteil männlich steriler Pflanzen auf. Die Ausprägung der männlichen Sterilität wird in komplexer Weise durch unterschiedliche Restorerfaktoren im Kerngenom und im Zytoplasma kontrolliert. Durch Testkreuzungen und Nachkommenschaftsprüfungen konnten mehrere zytoplasmatisch-sterile Linien mit ihren Maintainern als Grundlage für die künftige Hybridsortenzüchtung entwickelt werden. Homogene und leistungsfähige Hybridsorten sind heute bereits bei Thymian (‚Varico I’ und’Varico II’), Oregano (‚Carva’) und Salbei (‚Regula’) in die Praxis eingeführt. Die Elternkomponenten für die Saatguterzeugung dieser Sorten werden vegetativ vermehrt. Auch bei Edelweiß soll spontan aufgetretene männliche Sterilität für die Züchtung von Hybridsorten genutzt werden. Das vereinzelte Auftreten männlich steriler Pflanzen bei Baldrian ist Ausgangspunkt für die Planung der Hybridsortenzüchtung auch bei dieser Art, wobei die beschleunigte Entwicklung von Inzuchtlinien über gametische Embryogenese aus Mikrosporen mit nachfolgender Diploidisierung einen Schwerpunkt bildet. Beim Screening zahlreicher Fenchelakzessionen fielen Populationen auf, die bis zu zwei Dritteln Pflanzen mit ausschließlich männlich sterilen Blüten aufwiesen. Untersuchungen zur Vererbung der männlichen Sterilität könnten Aufschluss über die Nutzbarkeit der sterilen Formen für die Hybridsortenzüchtung geben. Beim Sellerie wurden in zwei von 27 Akzessionen insgesamt fünf männlich sterile Pflanzen gefunden. Die Sterilität wird vermutlich monogen rezessiv vererbt. Unter 11 Herkünften von Petersilie fanden sich keine männlich sterilen Pflanzen.
Nach einem Mittagsimbiss schloss sich eine Besichtigung des Versuchsfeldes am zukünftigen Standort der Bundesanstalt auf dem Moorberg mit Zuchtstammvergleichen aus verschiedenen Forschungsprojekten an. Einjähriger Kümmel besitzt auf Grund seiner verkürzten Vegetationszeit wirtschaftliche Vorteile gegenüber den bisher vorherrschenden zweijährigen Formen. Aber sein Ätherischöl-Gehalt war in den bisher zur Verfügung stehenden Sorten noch unbefriedigend. Durch jahrelange rekurrente Selektion konnte der Ölgehalt des Quedlinburger Zuchtmaterials deutlich angehoben werden. Erstes Material ist unter dem Namen ‘Sprinter’ bereits im Anbau. Da aber der Ertrag dieser Sorte mit etwa 1-1,5 t/ha noch nicht den Anforderungen entspricht, richten sich die gegenwärtigen Untersuchungen auf die Entwicklung von synthetischen Sorten mit dem Ziel einer Verbesserung der Ertragsleistung unter Beibehaltung des hohen Niveaus des Ätherischöl-Gehaltes. Der diesjährige Feldversuch betrifft eine Prüfung auf allgemeine Kombinationseignung von 40 potenziellen Elternkomponenten (I 3) aus einem 2005 durchgeführten Polycross.
Ein Versuch mit einjährigem Bohnenkraut zeigte die im Verlauf eines mehrjährigen Projektes durch rekurrente Selektion aus verschiedenen Akzessionen entwickelten Zuchtstämme. Diese sind bei hohem Ertrag durch einen hohen Ätherischöl-Gehalt mit einem Carvacrolanteil von >60% ausgezeichnet, wie er von der Futtermittelindustrie für den Ersatz der seit 2006 verbotenen antibiotischen Leistungsförderer im Futter gefordert wird. Da Bohnenkraut auf Grund seiner kurzen Vegetationszeit nach frühräumenden Früchten auch einen Anbau als Zweitfrucht zulässt, erfolgte die Selektion sowohl unter den Bedingungen einer Frühjahrs- als auch einer Sommeraussaat. Dieser Feldversuch soll neben der Ermittlung von Leistungsparametern auch darüber Aufschluss geben, ob die Selektion unter den verschiedenen jahreszeitlichen Bedingungen eine genetisch kontrollierte ökologische Anpassung bewirkt hat.
In einem Versuch mit Petersilie wurde Material vorgestellt, das hinsichtlich seiner Resistenz gegen Septoria petroselini geprüft wird. Im Vergleich mit bekannten Sorten und anfälligen Standards zeigte sich eine differenzierte Anfälligkeit der verschiedenen Akzessionen. Als weitere Schaderreger wurden bonitiert: Alternaria radicina, Sclerotiniasclerotiorum, Plasmoparapetroselini, Erysipheheraclei und nicht näher spezifizierte Virosen.
Ein Versuch mit Arzneifenchel dient dem Vergleich der Leistung von Zuchtstämmen, die über einen längeren Zeitraum in verschiedenen Zuchtprogrammen entwickelt wurden, mit der Standardsorte ‘Berfena’. Das Material dieser Leistungsprüfung wurde im Verlauf der Pflanzenentwicklung jeweils in den folgenden Merkmalen beurteilt: Mycosphaerella-Resistenz, Kleinfrüchtigkeit und niedriger Estragolgehalt bei hohem Ätherischöl-Gehalt. Es wird zukünftigen Züchtungsarbeiten vorbehalten bleiben, diese Eigenschaften in einem einzigen Genotyp zu kombinieren.
Im Ergebnis eines Projektes mit Thymian entstanden mehrere cms-Linien mit ihren Maintainer- und Bestäuberlinien als Ausgangsmaterial für die Züchtung von Hybridsorten. Ausgewählte, aus dem Projekt hervorgegangene Populationen standen im Feldversuch im Vergleich zu den Standardsorten ‘Deutscher Winter’ und ‘Varico II’.
Nach der Besichtigung des Versuchsfeldes konnten sich die Teilnehmer der Tagung mit der neu errichteten Forschungewächshausanlage der BAZ bekannt machen. Mit 9000 m 2 Fläche, 32 Klimakammern, Trocknungsanlagen, Probenbearbeitungsräumen, Tierhaltungs- und Laborräumen und hochentwickelten Automatisierungssystemen bietet sie hervorragende Arbeitsvoraussetzungen für die Züchtungsforschung.
Dr. Pank, der die AG 17 bisher geleitet hat, wird am 1. Februar 2007 in den Ruhestand gehen. Deshalb verabschiedete er sich zum Schluss dieser Tagung von den AG-Mitgliedern und dankte für den interessanten fachlichen Austausch, für die gute Zusammenarbeit und alle freundlichen persönlichen Kontakte über viele Jahre. Er bat die AG-Mitglieder, die gute Zusammenarbeit mit Dr. Frank Marthe fortzusetzen, der das Fachgebiet der Züchtungsforschung an Arznei- und Gewürzpflanzen an der BAZ und auch die Leitung der AG 17 übernehmen wird. Prof. Röbbelen würdigte die vielfältigen Aktivitäten von Dr. Pank und überreichte ihm und allen Teilnehmern eine Broschüre, in der die Berichte über die 12 Tagungen der AG 17 der zurückliegenden Jahre zusammengefasst sind. Diese Broschüre kann bei Dr. Pank angefordert werden.
(F. Pank, Quedlinburg)