Bericht vom gemeinsamen Treffen mit der AG Krankheitsbekämpfung und Resistenzzüchtung in Getreide, Hülsenfrüchten und Raps sowie der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft am 10./12. Dezember 2001 in Fulda “Fortschritte in der Krankheitsbekämpfung und Resistenzzüchtung bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen”

– 183 Teilnehmer –

Organisation:
PD Dr. Thomas Miedaner, Hohenheim, und Prof. Dr. G. Bartels, Braunschweig

 Seit über 50 Jahren versammeln sich in Deutschland Anfang Dezember im Saal des Kolpinghauses in Fulda Experten und Interessenten aus Wissenschaft und Praxis, aus Hochschulen und Industrie, aus Forschung und Beratung zu Vorträgen und Diskussion aktueller Themen der Krankheitsbekämpfung und Resistenzzüchtung bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Professor F. Klingauf, Präsident der Biologischen Bundesanstalt Braunschweig, eröffnete die diesjährige Tagung und begrüßte die zahlreichen Teilnehmer, namentlich den Ehrenvorsitzenden der AG, Herrn Prof. Gerhard Fischbeck, Weihenstephan. Das zweitägige Vortragsprogramm war in 9 Themengruppen gegliedert. Die beiden ersten behandelten gegenwärtig besonders akute Fragen des Pflanzenschutzes, die folgenden befaßten sich vorwiegend mit Ergebnissen der Pflanzenzüchtung in Forschung und Praxis.

1. Pflanzenschutz im ökologischen Landbau.

Als Einstieg in die erste Gruppe von 7 Vorträgen erläuterte Herr W. Vogt-Kaute, AGÖL (Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau) die Bedeutung, die für das Funktionieren einer gesunden Pflanzenproduktion im ökologischen Landbau (ÖL) der bestmöglichen Ausnutzung aller natürlichen Regelungssysteme zukommt. Dazu gehören die Fruchtfolge, einschließlich ggf. erforderlicher Anbaubeschränkungen (z.B. keine Kartoffelproduktion im Bodenseegebiet wegen des hohen Phytophthora-Befallsdrucks), Maßnahmen zu Aufbau und Führung der Pflanzenbestände (Aussaatstärke, Nährstoffversorgung, Mischkulturen u.ä.) und nicht zuletzt geeignete Sorten und gesundes Saatgut. Hinzu kommen der z.Zt. noch mögliche Einsatz von Kupfer- oder Schwefel-Spritzungen sowie von Pflanzenstärkungsmitteln.

Anschließend berichtete PD Dr. S. Kühne, BBA Kleinmachnow, über die Rahmenbedingungen für den Pflanzenschutz im ÖL im Vergleich zur “guten fachlichen Praxis” und zum “integrierten Pflanzenschutz”. Beispielsweise verzichtet der ÖL auf alle “synthetischen” Pflanzenschutzmittel und schenkt Nützlingen stärkere Beachtung. Aber es gibt natürlich auch hier Probleme, so mit dem Stein- und Flugbrand im Getreide, dem Westlichen Maiswurzelbohrer, der Phytophthora im Kartoffelbau, dem Insektenbefall im Raps oder der Ausbreitung der Ackerkratzdistel. Bei chemischen Pflanzenschutzmitteln für den ÖL führt die BBA keine Wirkungsprüfung durch, vergibt jedoch eine Zulassung (“zur Befallsminderung geeignet”), z.B. für Eisen-III-Phosphat gegen Schnecken, Cu (bis 8 kg/ha/Jahr) oder Neem (Fa. Trifolium) sowie auch für Pflanzenschutzmittel “zur Selbstherstellung”, wie Bienenwachs, Gelatine oder Quassia (gegen Sägewespe). In der Diskussion blieb die Frage offen: “Ist für den ÖL eine Flächenausdehnung auf 20% möglich?”. Aber unwidersprochen blieb, daß ÖL “die konservativste Form des Pflanzenschutzes” und seit 80 Jahren praktisch gleichgeblieben ist.

In Sachsen deckt der ÖL nach P. Grübner, Dresden, rd. 1,6% der LN, wobei ¾ der Betriebe unter 500 ha, jedoch ca. 5% über 1000 ha (!) groß sind. Die Beratungsaufgaben für den ÖL müssen die Berater des Amtlichen Pflanzenschutzdienstes aus Kapazitätsgründen hier mit übernehmen. Dafür müssen sie sich spezieller Schulungen unterziehen; auch gibt es in Sachsen ÖL-Versuche, 2 zu Getreide und 10 zu Gemüse.

Dr. H. Spieß, ehem. Mitarbeiter der Fa. Schette AG, Bad Waldsee, stellte Abläufe der Entwicklung, Prüfung und Markteinführung von Pflanzenstärkungsmitteln dieses Unternehmens dar. Wo im ÖL der prophylaktische Pflanzenschutz nicht mehr ausreicht, muß kurativer Pflanzenschutz helfen, z.B. mit MycoSin als Cu-Ersatz im Weinbau, Milsana gegen den Echten Gurkenmehltau oder Weizensteinbrand. Senf- bzw. Meerrettich-Extrakte sind für die “Selbstherstellung” nicht zugelassen, weil damit die Gefahr einer 100% Keimhemmung besteht. Für Gemüse und Zierpflanzen unter Glas kann sich der Biologische Pflanzenschutz lebender Organismen bedienen und es gibt hier an die 30 verschiedene Verfahren (Dr. E. Koch, BBA Darmstadt). Im Ackerbau ist ein entsprechendes Vorgehen zumeist nicht möglich und auch zu teuer. Dennoch gibt es auch hier erfolgreiche Lösungen, so die Verwendung von Trichogramma-Eigelegen gegen den Maiszünsler, Bt-Bakterien (Novodor) gegen den Kartoffelkäfer oder Pilzmycel von Coniothyrium minitans (Contans), das Sclerotinia-Sklerotien von Raps im Boden erfolgreich abbauen kann. Nach ersten Ergebnissen der BBA kann Frühbefall von Steinbrand (Tilletia caries) mittels ELISA sowie PCR-Test in der jungen Pflanze festgestellt und Saatgut durch Heißluftbehandlung (75° C) entseucht werden. Aber das wirksame Verfahren einer Elektronenbeizung des Saatguts ist im ÖL nicht zugelassen.

Frau Dr. W. Pallutt, BBA Kleinmachnow, erläuterte Veränderungen im neuen Pflanzenschutz-Gesetz und Probleme in der Pflanzenschutzmittelzulassung (Lückenindikation) speziell für den ÖL. Im letzteren Falle muß die Initiative für ein Genehmigungsverfahren vom Interessenten ausgehen, auch wenn, als im öffentlichen Interesse stehend, letztlich Kostenerlaß gewährt wird (was es jedoch für Anwendungen in Haus- und Kleingärten nicht gibt).

Abschließend beschrieb Dr. H. Kempf, Feldkirchen/Moosburg, als Weizenzüchter die Zuchtziele für den ÖL. Das Ergebnis einer “zertifizierten Ökozüchtung” ist eine “Ökosorte”. Für deren züchterische Entwicklung sind Verfahren wie Embryokultur, Hybridzüchtung mittels CMS ohne Restorer, Colchicin-Anwendung, In vitro-Selektion oder DNA-basierte diagnostische Methoden nicht erlaubt. “Ökologisches Saatgut” kann von konventionell gezüchteten Sorten stammen, muß aber mind. ein Jahr in einem ÖL-Betrieb vermehrt worden sein. Spezielle Zuchtziele für ÖL-Eignung sind u.a. Sorten mit längerem Stroh, mit besserem Unkrautunterdrückungsvermögen (frohwüchsig, breitblättrig), guter Nährstoff-Effizienz und nachhaltiger Krankheitsresistenz. Entgegen gelegentlichen Vermutungen sind beim Weizen die meisten modernen Zuchtsorten den älteren Sorten und Landrassen in vielen dieser im ÖL erwünschten Eigenschaften überlegen. Aber es gilt auch, daß in Weizen aus ÖL wegen der geringeren N-Verfügbarkeit im System zugleich mit dem geringeren Rohproteingehalt auch das Backvolumen stark abfällt. Andererseits korreliert hier ein höherer Feuchtklebergehalt viel besser mit der Backqualität als bei konventionell erzeugtem Weizen, was bedeutet, daß als Backweizen für den ÖL vermutlich doch andere Sorten gezüchtet werden sollten.

2. Mykotoxine im Getreide.

Bei den Mykotoxinen handelt es sich, wie Dr. B. Rodemann, BBA Braunschweig, berichtete, um eine ganze Reihe von Stoffwechselprodukten, die außer von vielen Schimmelpilzen auch von den phytopathogenen Fusarium-Arten gebildet werden (und auch im Mutterkorn enthalten sind). In Fusarium sind die Hauptkomponenten Trichothecene, wie Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA), die außerordentlich hitzestabil, basen- und säurebeständig sind und sich deshalb im befallenen Getreide allen Entgiftungsvefahren entziehen. Von der Weltgetreideernte sollen 25% mykotoxinbelastet sein, eine besondere Gefahr für Kleinkinder (Breinahrung). Für Erwachsene gilt als ADI- (acceptable daily intake-) Wert für DON 1mg/kg Körpergewicht und für ZEA 0,1mg/kg (wegen dessen Hormonwirkung). Verständlicherweise ist der Ährenbefall mit Fusarien ein besonderes Problem, das in den letzten Jahren durch mehrere Faktoren verstärkt wurde: enge Getreidefruchtfolgen, Zunahme des Maisanbaus sowie von Verfahren der minimalen Bodenbearbeitung, feuchte Witterung, Kurzstrohsorten, unbefriedigende Fungizidwirkung (wegen geringer Beweglichkeit der Mittel in der reifenden Ähre), Einsatz der reifeverzögernden Strobilurine u.a..

Im Rahmen der Besonderen Ernteermittlung untersuchte die Bundesanstalt für Getreideverarbeitung in Detmold (Dr. J. Wolff) Stichproben aus Erntepartien von 14.000 Schlägen. Unter diesen waren einzelne deutlich (z.T. auch grenzwertüberschreitend) belastet. Die Gehalte an DON und ZEA waren nicht korreliert, aber es gab eine gute Korrelation zwischen der visuellen Kornbonitur und dem DON-Gehalt. Eine deutliche Abnahme der Mykotoxingehalte wurde im Verlauf der Verarbeitung des Getreides und entsprechend eine relativ höhere Kontamination in der Kleie (Kornhülle) gegenüber dem Mehl (Endosperm) festgestellt. In gleicher Weise reduzieren alle Reinigungsschritte vor dem Mahlen die Belastung des Mehls; überdies gibt es wirksame Spezialreinigungsanlagen (Bühler). Aber es fehlt (über die visuelle Kornbonitur hinaus) eine befriedigend quantitative Analysenmethode zur Schnellbestimmung von Mykotoxinen (die es allerdings leider für Schwermetalle, PCB u.ä. Schadstoffe auch nicht gibt) sowie eine verläßliche Vorschrift für eine repräsentative Probenahme.

Insgesamt werden aus solchen Gründen hohe Erwartungen in die Züchtung gesetzt, zumal die Beschreibende Sortenliste für die Fusarium-Anfälligkeit deutliche Sortenunterschiede ausweist. Diskutiert werden drei Resistenzmechanismen: Eindringungsresistenz, Ausbreitungsresistenz und Abbau der vom Pilz produzierten Toxine. Frau B. Schneider, Hohenheim, beschrieb für die Resistenzzüchtung vier verschiedene Strategien: 1) Direkte Selektion auf Ertrag + Fusarium-Resistenz, 2) Rekurrente Selektion, 3) Einkreuzung exotischer Resistenzquellen und 4) Marker-gestützte Selektion. Nach Ergebnissen an S2-Nachkommenschaften von Roggen und Weizen gilt für den DON-Gehalt additive Vererbung. Zudem gibt es Genotypen, die deutlich besser als der beste Elter sind (Trangression). Auch ist erfreulich, daß sich die Feldinfektion durch Sprühen in die Ähre als zuverlässig erwies (obwohl der natürliche Infektionsweg im Bestand von unten nach oben verläuft), und die visuelle Ährenbonitur ist genauer als die analytische Bestimmung des DON-Gehalts mittels ELISA.

3. Gegenwärtige Bedeutung und Zukunft der Resistenzzüchtung.

Als Auftakt für den zweiten Teil der Tagung zum Thema der Krankheitsresistenz von Sorten präsentierte Dr. J. Steinberger, BSA Hannover, mit einer Bestandsaufnahme anhand der Beschreibenden Sortenliste die Fortschritte (und bei bestimmten Krankheitserregern, wie z.B. Fusarien, die Schwierigkeiten) der Resistenzzüchtung. Die verwendeten Züchtungsmethoden und ihr Erfolg werden durch gegebene genetische und technische Voraussetzungen (für Getreide Dr. T. Miedaner, für Raps Dr. W. Paulmann, Hohenlieth) bestimmt, aber das Ziel, eine dauerhafte Krankheitsresistenz bei möglichst gleich hohem Ertrag auch bei Nichtbefall, ist für alle Fruchtarten dasselbe.

4. Analyse von Pathogenpopulationen.

Offenbar sind auch die Mechanismen (Selektion), die zur Anpassung (Überwindung) von Erregern an die Sortenresistenz führen, dieselben wie diejenigen einer Resistenzentwicklung gegenüber Fungiziden. Eine stärkere Exposition der Pathogenpopulation, z.B. durch intensiveren Mitteleinsatz (in Norddeutschland) oder längere Vegetationszeit (infolge Strobilurin-Behandlung), verstärkt, so Dr. F. Felsenstein, Fa. EpiLogic, Freising, den Selektionsdruck zugunsten virulenter Pathotypen, Rekombinanten oder Mutanten, wie Frau Dr. K. Flath, BBA Kleinmachnow, anschließend an aktuellen Änderungen der Virulenzsituation bei Weizengelbrost und Roggenbraunrost sehr anschaulich belegte. Mit eindrucksvollen Ergebnissen veranschaulichte Prof. B. McDonald, ETH Zürich, die Mechanismen solcher Verschiebungen im Spektrum des Erregers Mycosphaerella graminicola (Septoria tritici) des Weizens, bei dem sexuelle und asexuelle Vermehrung zur Pathogenese beitragen. Durch die heute mögliche zuverlässige Identifikation und Quantifizierung der einzelnen Isolate mit molekulargenetischen Methoden ergaben sich so überraschende Befunde wie derjenige, daß ein Inokulumeintrag von außen nur zu Beginn der Vegetation von größerer Bedeutung ist, gegen Ende der Saison jedoch die größte Erregerdiversität auf den resistenten Wirtspflanzen nachweisbar wird, nicht weil diese (durch Überlebensstress) die Rekombination fördern, sondern weil auf ihnen Rekombinante Fitnessvorteile nutzen können. Demzufolge kann die Pathogenpopulation in einem Getreidefeld gegen Ende der Vegetationszeit bis zu 20% aus Rekombinanten bestehen!

5. Analyse der Wirt-Pathogen-Beziehung.

Objekte der folgenden 4 Vorträge waren die Kartoffeln und Zuckerrüben. Die Phytophthora der Kartoffel gehört seit über 100 Jahren zu den klassischen Themen der Resistenzzüchtung und dennoch ist bis heute der Kartoffelanbau mit bis zu 16 Fungizidbehandlungen/Jahr (= ca. 800,- DM) belastet. Für den Züchter besteht hier u.a. das Problem, daß Kartoffelsorten in ihrer Vegetationszeit zwischen 70 und 180 Tagen variieren und deshalb für eine Auslese auf die erwünschte “relative” (weil erwartungsgemäß dauerhaftere) Resistenz ein reifezeitunabhängiger Resistenzwert notwendig wäre, um die Aufspaltungsvarianz einer F1-Nachkommenschaft sicher ausnutzen zu können (Dr. U. Darsow, Groß Lüsewitz). Für den Pflanzenschutz (Dr. H. Habermeyer, Freising) versucht das “Phytophthora-Modell Weihenstephan” die sortenspezifische Resistenz zur Bemesssung einer (reduzierten) Spritzfolge zu nutzen und anhand von detaillierter Wetterdatenauswertung Beratungsgrundlagen für einen optimalen Spritzstart und die notwendigen Spritzabstände und Aufwandmengen zu entwickeln. Demgegenüber ist das Problem der Wurzelhalsfäule der Zuckerrübe durch Rhizoctonia solani jüngeren Datums, heute jedoch weltweit verbreitet und kann insbesondere in Rübenmieten nach Ernte befallener Felder gewaltige Schäden anrichten. Der Erreger ist bodenbürtig, hat sehr viele Wirtspflanzen und ist durch Myzelanastomosen zu rascher Rassenneubildung fähig. Weil Fungizide fehlen und Fruchtfolgemaßnahmen wirtschaftlich nicht vertretbare Anbauabstände erfordern würden, ist Resistenzzüchtung das einzige realistische Verfahren. Da Prüfungen im Feld nicht möglich sind, berichtete Dr. G. Büttner, IfZ Göttingen, von der Entwicklung eines Resistenztests mit befallsfreier Vorkultur der Pflanzen im Gewächshaus. Ausgangsmaterial mit polygenischer Resistenz ist aus Fort Collins, USA, verfügbar (Dr. W. Beyer, Einbeck), aber die derzeit ersten Sorten sind aufgrund ihres Ertragsrückstands bei Befallsfreiheit nur als Spezialsorten für den Fall hoher Befallswahrscheinlichkeit empfehlenswert. Den Vortragsblock schloß ein Beitrag von Dr. M. Korell, Gießen, über eine eingehende molekulare Analyse der Mlg-vermittelten Resistenz im Gerste/Mehltau-Pathosystem.

6. Genetische Ressourcen.

Frau Dr. H. Riemer, BAZ Aschersleben, stellte EVA II – ein deutsches Netzwerk für die Evaluierung von Getreide (WW, SG) auf Krankheitsresistenz vor, in dem rd. 20 Institute und Züchtungsbetriebe jährlich an ihrem Standort Sortimente aus je 100 Genbanklinien und Zuchtstämmen gegen bis zu 10 Pilzkrankheiten 3-4mal bonitieren (sollen). H. Winter, Berlin, berichtete über den Stand langjähriger Bemühungen zur Übertragung von Phomaresistenz aus B. juncea und Wildkruziferen (z.B. Coincya monensis) in den Raps.

7. Resistenzzüchtung und Zuchtmethodik.

Am letzten Halbtag war der Vortrag von Dr. K. Brunckhorst, Einbeck, für manchen Zuhörer der wichtigste Grund, rechtzeitig seinen Platz im Saal aufzusuchen. Dieses belohnte der Vortragende erwartungsgemäß mit soliden Daten und Einschätzungen zu Materialverfügbarkeit und Selektionsmöglichkeiten sowie daraus resultirendem Zuchtfortschritt und Forschungsbedarf für die praktische Resistenzzüchtung am Weizen. Laufend kommen resistente Sorten und bessere Fungizide auf den Markt, ohne daß, nach Brunckhorst, die Praxis deutlich weniger spritzt! Es gibt auch Sorten mit erfreulich “nachhaltiger” Resistenz (‘Greif’, auch ‘Flair’ im Vergleich zu ‘Ritmo’ oder ‘Apollo’). Anfällige Stämme/Sorten sind nicht grundsätzlich ertragsstärker, aber in jedem Falle hilft Resistenz zu besserem Ertrag. Gefragt ist Resistenz “im vorderen Bereich” der Bestandesentwicklung; späterer Befall (z.B. Braunrost) ist für die Resistenzzüchtung in der Regel nachgeordnet. Trotz großen Interesses gibt es hinsichtlich Fusarium im Weizensortiment bei Hochertragssorten wenig Bewegung; epidemiologisch vorteilhaft sind ein etwas längerer Halm und eine nicht zu dichte Ähre.

Leider muß sich der vorliegende Bericht für die folgenden 12 Vorträge auf wenige zusammenfassende Hinweise beschränken, obwohl auch hier z.T. sehr interessante Fortschritte der Resistenzzüchtung und Resistenzanalyse vorgestellt wurden, so zur Vererbung der Fusarium-Resistenz bei Triticale (Frau N. Heinrich, Hohenheim), zum internationalen Resistenztest auf Blattfleckenkrankheit(en) der Gerste (Dr. H. Pinnschmidt, Slagelse, DK), zu Prüfungsmethoden und -ergebnissen beim bodenbürtigen (Polymyxa) Getreidemosaikvirus von Roggen und Weizen (Frau Dr. U. Kastirr, Aschersleben), zur Genetik und züchterischen Verbesserung der Toleranz gegenüber dem BYDVirus der Gerste (PD Dr. F. Ordon, Gießen) oder zur Etablierung von dauerhafter Mehltauresistenz am Apfel (Dr. A. Urbanietz, Ahrensburg).

8. Kartierung von Resistenzen und markergestützte Selektion.

Einen abschließenden Höhepunkt der Tagung boten die drei letzten Vorträge auch deshalb, weil sie in sehr überzeugender Weise die völlig neuartigen Möglichkeiten, aber auch die Grenzen aufzeigten, die sich aus der molekulargenetischen Systemanalyse pflanzlicher Pathogenabwehr für gentechnische Anwendungen in der Resistenzzüchtung ergeben können. Prof. P. Schulze-Lefert, MPIZ Köln-Vogelsang, berichtete von seinen Untersuchungen zur molekularen Struktur und Funktion der Mla-Resistenzgene beim Gerstenmehltau. An diesem hoch polymorphen Locus sind 11 verschiedene Gene in 3 getrennten Genfamilien bekannt, deren Sequenz im N-terminalen Bereich hoch konserviert, in der C-terminalen Hälfte deutlich variabler ist, wobei das jeweils funktionelle Allel durch einen Mikrosatelliten in einem Intron charakterisiert ist. Überaus förderlich für deren Funktionsanalyse sowie auch für ihre Pyramidisierung ist es, daß heute in Köln die Transformationseffizienz bei dem durch Agrobacterium vermittelten Gentransger bei Gerste auf 15% (so hoch wie beim Reis) gesteigert werden konnte. Als Schlüssel für die zahlreichen, verschiedenen rassenspezifischen Resistenzreaktionen wurde ein rar-Genlocus identifiziert, der den resistenzvermittelnden Zelltod bei der primär infizierten Zelle über einen H2O2-Ausbruch nicht nur bei Mehltaubefall, sondern auch bei einigen anderen pathogenen Pilzen auslöst. Dieses Gen ist wie in der Gerste so auch in Arabidopsis thaliana hochgradig konserviert, so daß mit ihm ganz neue Anwendungsperspektiven für eine zukünftige Resistenzzüchtung erkennbar werden. Dennoch gilt sprichwörtlich, daß “nicht alle Blütenträume reifen”. Stilbene sind phenolische Substanzen aus dem Phenylalanin-Stoffwechsel, die in der Weinrebe (Resveratrol) oder auch der Kiefer (Pinosylvin) die Zellwände pilzlicher Krankheitserreger (Botrytis, Phoma) angreifen und zerstören können. Für die Stilbensynthese verantwortliche Gene konnten, wie Frau L. Serazetdinova, AMP Hamburg, berichtete, isoliert und erfolgreich in den Weizen transferiert werden. Dort funktionieren sie mit den gleichen Promotoren im entsprechenden Gewebe und Entwicklungsrhythmus, aber einer nur enttäuschend geringen Effektivität, offenbar weil ihre Synthese aus den im Weizen verfügbaren Vorstufen im Vergleich mit der Donorspezies Rebe zu deutlich hydrophileren Stilbenvarianten führt. Ähnliche wirtsspezifische Funktionsänderungen fand auch Dr. D. Mattern, Aschersleben, bei transgenen Kartoffeln, bei denen sich eine deutliche Verschiebung der relativen Resistenzreaktionen gegen verschiedene untersuchte Viren ergab.

In den Vortragspausen der Tagung stimulierten nicht nur Kaffee und Tee, sondern auch die 10 attraktiven Poster im Foyer das Gespräch. Insgesamt war vermutlich das Informationsangebot für viele Teilnehmer kaum zu verkraften. Dennoch wurde die Vereinbarung der drei Vereinigungen, die diese Tagung vorbereitet hatten, allseits begrüßt, daß sie eine solche gemeinsame Tagung als zentrale Informationsplattform zum Thema:

“Krankheitsbekämpfung und Resistenzzüchtung bei Kulturpflanzen”

für alle Interessenten in Zukunft zweijährlich in Fulda am selben Ort und in ähnlicher Weise veranstalten wollen.

(T. Miedaner und G. Röbbelen)