Erinnerung für Herrn Prof. Dr. Drs. h.c. Gerhard Fischbeck

Jugendjahre und Ausbildung

Am 8. November 2020 ist Prof. Dr. Drs. h.c. Gerhard Fischbeck, hoch geschätztes Ehrenmitglied der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (GPZ), im 96. Lebensjahr verstorben. In der Altmark geboren und aufgewachsen, besuchte Gerhard Fischbeck die Oberrealschule. Nach Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft absolvierte er eine zweijährige Landwirtschaftslehre in Etzenricht (Oberpfalz) und erlangte in einem Sonderkurs für Kriegsteilnehmer in Feldafing die Hochschulreife. Damit waren die Voraussetzungen erfüllt, um 1947 an der damaligen Technischen Hochschule (TH) München in Weihenstephan das Studium der Landwirtschaft aufzunehmen, das er 1950 als Diplomlandwirt mit Auszeichnung absolvierte. Ein folgendes Ergänzungsstudium in Pflanzenzüchtung und Pflanzenpathologie an der University of Minnesota, das er mit dem Master of Science erfolgreich abschloss, hat seinen folgenden Weg als Hochschullehrer und Forscher zweifellos maßgeblich geprägt.

Schritte in die akademische Nutzpflanzenwissenschaft

In den folgenden Jahren hat Fischbeck als wissenschaftlicher Mitarbeiter unter der Ägide von Gustav Aufhammer am Weihenstephaner Institut für Acker- und Pflanzenbau der TH München geforscht und wurde im Jahre 1954 promoviert. Großes Thema war die Ertragsbildung der Braugerste, die auch forthin seinen Weg als Pflanzenbau- und Züchtungsforscher begleitete. Danach wirkte Dr. Fischbeck als wissenschaftlicher Mitarbeiter und zeitweise als Kustos an dem genannten Institut, um sich schließlich 1961 mit einer Arbeit über pflanzenbauliche und pflanzenzüchterische Aspekte des Rohproteingehaltes der Sommergerste zu habilitieren. Er erhielt die venia legendi für die Fachgebiete Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Schon im Jahre 1964 wurde Dr. habil. Fischbeck als Ordinarius auf den Lehrstuhl für Speziellen Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn berufen.

Aber schon 1969 folgte Gerhard Fischbeck einem Ruf an die Techn. Hochschule München. Als Ordinarius übernahm er in der Nachfolge von G. Aufhammer den umbenannten Lehrstuhl für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Weihenstephaner Fakultät für Landwirtschaft und Gartenbau. Nach langjähriger, erfolgreicher Tätigkeit in Lehre und Forschung wurde er im Jahre 1993 emeritiert. In dieser Zeit bekleidete Prof. Fischbeck u.a. das Amt des Dekans der Fakultät und war zeitweise Beauftragter des Präsidenten der heutigen TU München für den Standort Weihenstephan.

Forschungstätigkeit und Lebenswerk

Gerhard Fischbecks wissenschaftliches Lebenswerk ist ein Spiegelbild seiner vielfältigen Interessen, die ja schon in seinem Ausbildungsweg deutlich wurden. Sein Wissenschafts- und Lehrgebiet, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, verstand er als komplementäre Komponenten eines zusammengehörenden Systems, zusätzlich wesentlich ergänzt durch die Phytomedizin. Im Vordergrund seiner Interessen und Arbeiten stand dabei stets das Getreide. Die Sorte in ihrer Wechselwirkung mit Umweltfaktoren wird hier als zentrale Einheit des Produktionssystems gesehen, bei Gerste nicht anders als bei Weizen. Besondere Beachtung fanden dabei Fragen der Resistenz gegen Pilzkrankheiten, deren Ursachen und ihre praktische Umsetzung in der Züchtung. Allerdings war sein waches Interesse stets Garant für vielfältige Aktivitäten weit darüber hinaus. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Orientierung nur interdisziplinär umgesetzt werden kann. Insofern verwundert es nicht, dass Gerhard Fischbeck auch maßgeblich in Wissenschaftsorganisationen – wie der DFG – und den einschlägigen Fachgesellschaften gewirkt hat und so einer der herausragenden Köpfe und maßgeblichsten Gestalter der Kulturpflanzenforschung in Deutschland und Europa war.

Getreide als zentrales Thema in der Genetik und Züchtungsforschung

Besonders interessiert hat ihn von Anfang an die Genetik und ihre Bedeutung im Zusammenspiel mit der Produktionstechnik für Getreideertrag, Stabilität und Qualität; dazu gehören auch methodisch-praktische Arbeiten (z.B. Kieffer et al. 1993). Im Laufe der Zeit wurde die Resistenzgenetik der Gerste zu einem Arbeitsschwerpunkt (vgl. Bothmer et al. 2003, Fischbeck 2002, 2003). Seine resistenzgenetischen Arbeiten befassten sich vorrangig mit dem Getreidemehltau und schafften Voraussetzungen für neue mehltauresistente Gerstensorten. Die gemeinsame Forschung mit Partnern in Grünbach und München führten schließlich zur Erstellung einer ersten molekularen genetischen Karte der Gerste (vgl. Backes et al. 2006); so begann die Genomforschung ihren unaufhaltsamen Lauf. Unter seiner Ägide wurden molekulare Marker bspw. der Gerste für den züchterischen Gebrauch vorbereitet. Als ausgesprochener Pionier erwies sich Fischbeck auch im Hinblick auf die Entwicklung transgener Sortenkandidaten (vgl. Fischbeck 1995). Erste Freilandversuche zur Frage der biologischen Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen von Mais und Raps wurden unter Fischbecks Leitung seit 1993 auf der Versuchsstation Roggenstein der TU München durchgeführt (siehe Ernst et al. 1998, 2008).

Promotionen und Publikationen, reiche Ernte eines fruchtbaren Lebens

Als Hochschullehrer und Doktorvater führte Professor Fischbeck 69 Doktoranden zur Promotion (auswärtige Promotionen nicht eingerechnet); vier seiner Schüler habilitierten sich. Seine Schüler blieben ihm in Zuneigung und Dankbarkeit verbunden.

Die Publikationsliste Fischbecks beinhaltet über 250 Veröffentlichungen, darunter stark beachtete Übersichtsbeiträge in Lehr- und Handbüchern. Zu seinen bedeutendsten Buchpublikationen gehört das 1973 mit Gustav Aufhammer veröffentlichte Werk Getreide. Produktionstechnik und Verwertung, ein Klassiker der Fachliteratur zum Getreidebau. Über Jahrzehnte gehörte auch das gemeinsam mit Kollegen erarbeitete Lehrbuch Spezieller Pflanzenbau, 1975 (1. Auflage) zur Pflichtlektüre für Studierende der Agrarwissenschaften. Als Mitautor beteiligt war Fischbeck an dem praxisorientierten Buch Getreidebau aktuell, von dem von 1975 bis 1983 sieben Auflagen herauskamen. Zu nennen ist hier auch der essenzielle Beitrag Biologie und physiologische Grundlagen des Pflanzenbaus, der im Handbuch des Pflanzenbaus (Band 1, 1997) erschienen ist. Mehrere Übersichtsbeiträge zur Theorie und Praxis der Pflanzenzüchtung publizierte Fischbeck im Lehrbuch der Züchtung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Band 2, 1985). In Fachkreisen sehr geschätzt war die umfassende Abhandlung über Ziele und Wege der Resistenzzüchtung in dem Werk Pflanzenproduktion im Wandel (1990).

Aufgrund seines besonderen Urteilsvermögens verfügte Gerhard Fischbeck über die spezielle Fähigkeit, wissenschaftliche Diskussionen im Kontext unterschiedlicher Disziplinen zu stimulieren und in geordnete Bahnen zu lenken; nicht selten ist es ihm so gelungen, in schier auswegloser Lage geeignete Lösungswege aufzuzeigen. Daher war er ein hochgeschätztes Mitglied in Gremien, Kommissionen und Fachgesellschaften im Agrarbereich und darüber hinaus. In vielen dieser Gremien wirkte er in maßgeblicher bzw. leitender Funktion. Als besonders prominente seien hier einige genannt:

  • Arbeitsgemeinschaft für Krankheitsbekämpfung und Resistenzzüchtung, seit 1955 (zeitweise als Vorsitzender)
  • Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, seit 1958 (1. Vorsitzender 1976-1978)
  • Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, seit 1958 (Mitglied im Hauptausschuss 1975 bis 1990)
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft, 1966 bis 1990 (Fachgutachter und Tätigkeit in verschiedenen Gremien)
  • Dachverband Agrarforschung: Präsident 1978 bis 1984; Vorstandsmitglied 1989
  • Arbeitsgemeinschaft für tropische und subtropische Agrarforschung, 1978 bis 1998
  • Kuratorium des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung, Köln, 1978 bis 1996 (zeitweise als Vorsitzender)
  • International Board of Plant Genetic Resources, Rom, 1981 bis 1987.

Zudem hat Professor Fischbeck zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen erfahren, darunter den Justus-von-Liebig-Preis der Universität Kiel (1978) und die Max-Eyth-Denkmünze in Silber der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (1995). Er war Ehrendoktor (Dr. agr. h. c.) der Universität Bonn (1985) und Ehrendoktor (Dr. agr. h. c.) der Universität Gießen (1999).

Gerhard Fischbeck gehörte der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (GPZ) seit ihrer Gründung im Jahre 1991 an und war schon seit 1993 ihr Ehrenmitglied.

Alle im Bereich Pflanzenzüchtung und Pflanzenbau Forschenden werden Prof. Dr. Drs. h.c. Gerhard Fischbeck ein ehrendes Andenken bewahren.

Weiterführende Literatur

Backes G., Orabi J., Fischbeck G., Jahoor A. (2006) Barley. In: Kole C. (eds) Cereals and Millets. Genome Mapping and Molecular Breeding in Plants, Vol 1. Springer, Berlin, Heidelberg.

Bothmer R.v., Sato K., Komatsuda T., Yasuda S., Fischbeck G. (2003) Domestication of cultivated barley. In: R v Bothmer et al. (eds) Diversity. R v in Barley (Hordeum vulgare), 9-27. Elsevier Science B.V. Amsterdam.

Ernst D., Rosenbrock H., Sandermann H., Hartmann A., Kirchhof G., Bauer S., Ludwig W., Schleifer K.-H., Fischbeck G. (1998) Sicherheitsforschung zu Freisetzungsversuchen in Roggenstein (Bayern) – Biosafety research in parallel to field trials in Roggenstein (Bayern). Bundesgesundheitsblatt 41, 523–530.

Ernst D., Rosenbrock-Krestel, H., Kirchhof G., Bieber E., Giunaschwili N., Müller R., Fischbeck G., Wagner T., Sandermann H., Hartmann A. (2008) Molecular Investigations of the Soil, Rhizosphere and TransgenicGlufosinate-Resistant Rape and Maize Plants in Combination with Herbicide (Basta“) Application under Field Conditions. Z. Naturforsch.63c, 864Ð872.

Fischbeck G. (1995) Biotechnologische Ansätze für die Züchtung gesunder Pflanzen und ihre Bedeutung für die Entwicklung umweltschonender Anbauverfahren. In: Von Schell T., Mohr H. (eds) Biotechnologie — Gentechnik. Veröffentlichungen der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. Springer, Berlin, Heidelberg.

Fischbeck G. (2002) Contribution of barley to agriculture: A brief overview. In: GA Slafer et al. (eds) Barley Science. Recent Advances from Molecular Biology to Agronomy of Yield and Quality. The Haworth Press, New York.

Fischbeck G. (2003) Diversification through breeding. In: R v Bothmer et al. (eds) Diversity in Barley (Hordeum vulgare), 29-52. Elsevier Science B.V. Amsterdam.

Kieffer R., Belitz H.D., Zweier M., Ipfelkofer R., Fischbeck G. (1993) Der Rapid-Mix-Test als 10-g-Mikrobackversuch. Z. Lebensm. Unters. Forsch. 197,134–136.

Wolfgang Friedt (Justus-Liebig-Universität Gießen)