Newsline: Genome Editing

Am 7. September 2020 erschien in der Fachzeitung „Foods“ der Artikel
“A Real-Time Quantitative PCR Method Specific for Detection and Quantification of the First Commercialized Genome-Edited Plant”. Bedingt durch eine falsche Deutung der Ergebnisse, vor allem im Hinblick auf die gesetzliche Regulierung des Genome Editings, hat die Arbeit ein großes Echo in der Öffentlichkeit hervorgerufen.

Hintergrund

Entsprechend der Rechtsprechung des EUGH sind genomeditierte Pflanzen den gleichen Regelungen wie gentechnisch veränderte Pflanzen unterworfen. Pflanzen, die (i) durch konventionelle Mutagenese oder (ii) durch die Selektion somaklonaler Mutanten erzeugt wurden bzw. durch (iii) spontane Mutationen entstanden sind, sind dem gegenüber nicht durch das Gentechnik Gesetz reguliert. Auf diese Weise erzeugte Punktmutationen können nicht von identischen Punktmutation unterschieden werden, die durch Genome Editing erzeugt wurden. 

In der Arbeit wird die Entwicklung einer PCR-basierten Nachweismethode für eine Rapssorte (Cibus 5715) beschrieben. Diese trägt jeweils eine Punktmutation in zwei nahezu identischen Genen. Durch die Mutationen wird Herbizidtoleranz hervorgerufen.

Das Gen AHAS liegt in zwei nahezu identischen Kopien im Rapsgenom vor (AHAS1C, AHAS3A). Die entsprechenden Proteine bilden Homo bzw. Heterodimere, die als Schlüsselenzym (Acetolactatsynthase, ALS) bei der Biosynthese verzweigter Aminosäuren wirken. ALS ist der Angriffspunkt für eine Reihe herbizider Wirkstoffe, darunter Imidazole, Sulfonylharnstoffe, Triazolpyrimidine, Pyrimidinyl-thiobenzoate und  Sulfonylamino-carbonyltriazolinone (Mallory-Smith CA and Retzinger EJ Jr, Revised classification of herbicides by site of action for weed resistance management strategies. Weed TechnoI.: 17:605-619 (2003).

Punktmutationen in der Nähe des aktiven Zentrums der ALS können die Bindung der genannten Wirkstoffe verhindern bzw.  beeinträchtigen und somit Resistenz oder Toleranz gegenüber dem entsprechenden Herbizid bewirken (Duggleby RG, Pang SS, Yu H and Guddat LW, Systematic characterization of mutations in yeast acetohydroxyacid synthase: interpretation of herbicide-resistance data. Eur J Biochem 270:2895-2904 (2003).

Ziel der Studie

Ziel der Studie war der Nachweis einer Punktmutation an Position 1667 in den beiden Genen, AHAS1C und AHAS3A. Der Nachweis der genannten Punktmutation wurde mit dem Nachweis von zwei weiteren Einzelbasenunterschieden gekoppelt, mit denen die beiden (sehr ähnlichen) Gene unterschieden werden können. Dies soll die Unterscheidung von einer herbizidtoleranten Rapssorte (Clearfield) ermöglichen, welche nur die Mutation in AHAS3A trägt. Diese Mutation wurde konventionell durch chemische Mutagenese erzeugt.

Ergebnis

Die Autoren haben einen PCR Nachweis entwickelt, der die festgelegten Anforderungen für den Nachweis gentechnischer Veränderungen im Hinblick auf Spezifität, Sensitivität und Quantifizierbarkeit erfüllt und Konformität zur ISO17025 Norm aufweist.

Bewertung

Der Nachweis von Punktmutationen im Genom ist täglich geübte Praxis in der molekulargenetischen Forschung. Das Gleiche trifft auf Hochdurchsatzmarkeranalysen zu, wie sie z.B. für die genomische Vorhersage (Genomic Prediction) in der Pflanzenzüchtung vielerorts eingesetzt werden. In der Regel sind für die genannten Anwendungen qualitative Aussagen (Allel vorhanden/nicht vorhanden) ausreichend. Der in der Studie vorgestellte Test ermöglicht quantitative Aussagen und erfüllt somit ein wesentliches Kriterium für den Nachweis von GMOs.

Allerdings, und hier werden die Leser insbesondere durch den Titel der Studie fehlgeleitet, handelt es sich bei den untersuchten Rapssorten nicht zweifelsfrei um genom-editierte Pflanzen. Die Mutation im AHAS3A Gen (Clearfield) ist das Ergebnis chemischer Mutagenese und die Mutation im Gen AHAS1C beruht nach den Unterlagen des Züchtungsunternehmens, trotz des (erfolglosen) Einsatzes von  ODM (oligonucleotid directed mutagenesis), vermutlich auf einer somaklonalen Mutante, die in der Protoplastenkultur entstanden ist (https://www.canada.ca/en/health-canada/services/food-nutrition/genetically-modified-foods-other-novel-foods/approved-products/novel-food-information-cibus-canola-event-5715-imidazolinone-sulfonylurea-herbicide-tolerant.html). 

Entgegen der fälschlichen Interpretation der Ergebnisse in Teilen der Öffentlichkeit und der Politik ist es auch weiterhin nicht möglich die Ethiologie einer Mutation (genomeditiert vs konventionell vs natürlich) mit Hilfe von PCR oder anderen in der DNA Analyse verwendeten Techniken zu bestimmen. Dies ist auch nicht erforderlich, da Mutationen, die durch Genome Editing erzeugt wurden, sich durch nichts von anderen Mutationen unterscheiden.

Die Studie wurde durch folgende Organisationen finanziert:

  • Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), Friedrichstraße 153a, Berlin 10117, Germany;
  • Greenpeace European Unit asbl, Rue Belliard 199, Brussels 1040, Belgium;
  • Greenpeace e.V, Hongkongstr.10, 20457, Hamburg, Germany;
  • Organic and Natural Health Association, P.O. Box 42385,Washington, D.C. 20015, U.S.A;
  • The Non-GMO Project, P.O. Box 5606, Bellingham,WA 98227, U.S.A.;
  • ARGE-Gentechnik frei, Lehárgasse 7/1/7, 1060 Vienna, Austria;
  • EU Regional Group (IFOAM EU), Rue du Commerce 124, Floor 4, Brussels 1000, Belgium;
  • The Sustainability Council of New Zealand, P.O. Box 24304, Wellington 6142, New Zealand.

Auswahl weiterer Statements:

EPSO:

https://epsoweb.org/epso/epso-statement-detecting-a-point-mutation-does-not-clarify-its-origin/2020/09/09/

BVL:

https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Fachmeldungen/06_gentechnik/2020/2020_09_09_Fa_Nachweismethode-genomeditierte-Pflanzen.html;jsessionid=D3EEFD7100103D67195C5FF5A8C88B1D.1_cid360

Euroseeds:

https://www.euroseeds.eu/news/much-ado-about-nothing-really/

DFG:

https://www.dfg.de/dfg_profil/gremien/senat/grundsatzfragen_genforschung/

Die Studie ist im Internet unter folgender Adresse zugänglich: https://www.mdpi.com/2304-8158/9/9/1245

(aufgerufen am 13.09.2020)