– Ein Workshop der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim zum Ökologischen Landbau am 12. Dezember 2002 –
Brandpilze des Getreides sind sie heute wieder überall dort “brandaktuell”, wo nicht gebeizt wird – sei es aus wirtschaftlichen oder ökologischen Gründen. In Deutschland kommen bei Weizen drei Arten von Brandpilzen vor: Steinbrand oder Stinkbrand (Tilletia caries), Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) und Flugbrand (Ustilago tritici). Mindererträge von bis zu 50 bis 70% wurden von Steinbrand noch 1977 in Deutschland berichtet. Der bodenbürtige Zwergsteinbrand ist vor allem ein Problem in Bayern und Baden-Württemberg. Bei Flugbrand liegen die Befallszahlen mit maximal 5 bis 10% erkrankter Ähren deutlich niedriger. Auch ökologische Betriebe können wirksam beizen, wenn sie das Senf-Meerrettich-Präparat Tillecur® der Firma Schaette benutzen. Es ist zur Saatgutbehandlung gegen Steinbrand erlaubt und kann Wirkungsgrade zwischen 97 und 100% erreichen. Allerdings ist eine aufwändige Rücktrocknung des Saatgutes notwendig. Es kommt heute auch die Behandlung des Saatgutes mit niederenergetischen Elektronen in Frage (e®-ventus®), mit der sehr hohe Wirkungsgrade gegen Steinbrand erreicht werden (Dr. Marga Jahn, BBA Kleinmachnow). Gegen die Bestrahlung mit Elektronen bestehen aber seitens der Demeter-Landwirte Vorbehalte. Weitere Saatgutbehandlungsmethoden wie Heißluftbehandlung und Mikrowellenbehandlung befinden sich in Entwicklung. Gegen Flugbrand hilft nach wie vor nur die Heißwasserbehandlung mit all ihren Problemen.
Wenn das Z-Saatgut für den ökologischen Landbau ab 2004 (laut EU-Verordnung 2092/91 EEC) mindestens eine Generation unter ökologischen Bedingungen produziert werden soll, können vor allem Steinbrand und Flugbrand für ökologische Züchter und Saatgutvermehrer Schwierigkeiten bereiten. Deshalb wurde an der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim, Stuttgart, die Literaturstudie „Chancen einer Resistenzzüchtung gegen Brandpilze bei Weizen für den ökologischen Pflanzenbau“ angefertigt (Dipl. Agr.-Biol. Kirsa Fischer, Hohenheim) und in einem Workshop den Fachkollegen aus Beratung, Züchtung und Wissenschaft vorgestellt.
Die rund 50 Teilnehmer des Hohenheimer Workshops waren sich einig, dass in Deutschland dringender Forschungsbedarf besteht. Während man sich in Kanada, USA, Dänemark, der Tschechischen Republik, Rumänien und Russland intensiv mit Resistenzzüchtung gegen Brandpilze beschäftigt, gibt es in Deutschland derzeit nur wenige, kurzfristige Projekte und die ökologischen Pflanzenzüchter finden kaum Unterstützung in der Forschungslandschaft. Nicht einmal die Anfälligkeit der derzeit angebauten Weizensorten ist bekannt (Dr. K.-J. Müller, Darzau). Deshalb sind die ökologisch orientierten Pflanzenzüchter derzeit dabei, eigene Programme aufzubauen.
Dabei machen uns andere Länder vor, wie es gehen könnte. Ein Bericht von Frau Dr. Mariana Ittu (RICIC, Fundulea/Rumänien) belegte eindrucksvoll die züchterischen Möglichkeiten und zeigte erste Erfolge im Hinblick auf sortenfähiges Material. Es gibt heute gegen Steinbrand fünfzehn (Bt1 – Bt15) und gegen Flugbrand fünf (Ut1 – Ut4, Utx) monogenische Resistenzen, die gezielt in Zuchtmaterial eingekreuzt werden können. Gegen alle diese Resistenzgene und auch gegen viele Genkombinationen wurden jedoch weltweit schon virulente Brand-Rassen gefunden, am erfolgverprechendsten sind derzeit noch die Gene Bt8 bis Bt12. Die praktische Durchführung der Resistenzprüfung bei Steinbrand ist relativ unkompliziert, die Sporen werden einfach dem Saatgut beigemischt. Bei Flugbrand ist das wesentlich komplizierter, wie ein Vortrag von Herrn Dr. M. Herrmann (BAZ, Groß-Lüsewitz) zeigte. Dabei ist die Inokulation von Saatgut mit der Vakuummethode schon eine deutliche Erleichterung gegenüber der Inokulation jeden Einzelblütchens. Eine Beschleunigung des Züchtungsprozesses ist durch den Nachweis des Pilzmyzels im Schossstadium mit Hilfe molekularer Marker, einem neuen immunologischen Test (ELISA) bzw. einer einfachen Färbemethode möglich (Dr. Eibel/Dr. Koch, BBA Darmstadt). Beim Weizenflugbrand lassen die relativ komplexen Resistenzmechanismen zusätzlich die Wirkung quantitativer Resistenzen vermuten.
Um eine wirksame Resistenzzüchtung gegen Brandpilze nach modernen züchterischen Methoden aufzubauen, ist es zunächst nötig, das Virulenzspektrum und die Virulenzdynamik des Stein- und Flugbranderregers im deutschen Raum zu erfassen. Erste Ansätze dazu gibt es bereits bei der Biologischen Bundesanstalt in Darmstadt (Dr. E. Koch). Desweiteren müssten die derzeit verbreiteten Weizensorten im ökologischen Landbau mehrortig und mehrjährig auf ihre Resistenz geprüft werden. Mittelfristig sollten die Züchter auch ihre ganzen Weizensortimente auf Brandresistenz untersuchen und mit vielversprechenden Herkünften neue Kreuzungen durchführen. Nach allem, was man bisher weiß, wird das jedoch nicht ausreichen. Ausländische Resistenzquellen müssen in deutsches Zuchtmaterial eingekreuzt und mit vielen Sporenherkünften aus der Zielregion geprüft werden. Für die Wissenschaft bleibt die Erforschung der komplexen Wirt-Pathogen-Wechselwirkungen sowie möglicher quantitativer Resistenzen eine Herausforderung. Neue molekulare Marker, die die Resistenz schon im Keimlingsstadium ohne aufwändige künstliche Infektionen erkennen lassen, würden den langwierigen Zuchtprozesses wesentlich beschleunigen.
Bis resistente Sorten zur Verfügung stehen, wird es noch Jahrzehnte dauern. Für den ökologischen Landwirt bleibt derzeit nur übrig, regelmäßig Z-Saatgut zuzukaufen, das auf Brandsporen kontrolliert wurde, oder sein hofeigenes Saatgut in einem Labor untersuchen zu lassen. Auf die aufwändige Saatgutbehandlung mit Rücktrocknung kann er dann getrost verzichten. Aber nur wenn die Grenzwerte strikt eingehalten werden, lassen sich die Brande in Schach halten. Trotz Saatgutuntersuchung und -behandlung kann langfristig auf Resistenzzüchtung nicht verzichtet werden, waren sich die Teilnehmer des Workshops einig.
Thomas Miedaner, Stuttgart-Hohenheim
Die Literaturstudie kann in begrenztem Umfang kostenlos bei mir angefordert werden: miedaner@uni-hohenheim.de